Zuerst beschäftigt, und das bereits im 19. Jahrhundert, haben Wissenschaftler sich mit der Acrylsäure, auch Propensäure genannt. Es handelt sich um eine farblose, bei Raumtemperatur flüssige chemische Verbindung mit stechendem, essigähnlichem Geruch, die entzündlich und stark ätzend ist. Acrylsäure lässt sich näher charakterisieren als Monocarbonsäure. Als Carbonsäure ist sie durch die Carboxylgruppe (-COOH) gekennzeichnet, hier lediglich eine an der Zahl (Monocarbonsäure). Mit der Carboxylgruppe der Acrylsäure verbunden ist als sogenannter Rest (R) eine Kohlenwasserstoffkette, die ungesättigte Doppelbindungen (C=C) aufweist, worauf die Neigung zur Polymerisation beruht.
Die Methacrylsäure, auch Methylpropensäure oder Isobutensäure genannt, ist ebenfalls eine ungesättigte Monocarbonsäure, die im Unterschied zur Acrylsäure eine Methylgruppe (-CH3) aufweist bzw. die sich, wie Frankland/Duppa 1865, 13 es ausdrückten, „von der Acrylsäure durch die Ersetzung von 1 At. Wasserstoff in derselben durch 1. At. Methyl ableitet“. Die Rede ist von dem englischen Chemiker Edward Frankland (1825-1899), promoviert in Marburg, und seinem Mitarbeiter Baldwin Francis Duppa (1828-1873). Das Duo zählt zu den ersten Forschern, die sich eingehend mit der Acrylsäure-Reihe beschäftigten: „Dass diese Reihe vergleichungsweise so vernachlässigt worden ist, beruht ohne Zweifel darauf, dass die zu ihr gehörigen Säuren [...] nur wenig Verknüpfungspunkte nach anderen Familien organischer Verbindungen hin boten, von welchen aus sich eine wahrscheinliche Hypothese über ihre innere Architectur hätte bilden lassen.“ (ebd., 1) Die beiden Engländer versuchten sich an der „Umwandlung der Säuren aus der Milchsäure-Reihe in die der Acryl-Reihe“ (ebd., 1) und berichteten darüber in den „Annalen der Chemie und Pharmacie“: „Die Umwandlung der Säuren aus der Milchsäure-Reihe in Säuren aus der Acrylsäure-Reihe stellt eine sehr einfache Beziehung zwischen beiden Reihen fest; in der That ist gezeigt worden, dass das Wegnehmen der Elemente von 1 At. Wasser aus dem basylen Theil einer Säure aus der Milchsäure-Reihe die Umwandlung dieser Säure in die entsprechende aus der Acrylsäure-Familie bedingt“ (ebd., 25). Die Methacrylsäure zu erhalten gelang ihnen, indem sie den Ethylether der – zur Milchsäure-Reihe zählenden – Dimethoxalsäure (Isobuttersäure) mit Phosphorpentachlorid zur Reaktion brachten. Die „farblose durchsichtige, sehr leicht bewegliche Flüssigkeit, welche den ekelerregenden Geruch abgewelkter Pilze in sehr hohem Grade besitzt“ (ebd., 12), bestimmten Frankland und Duppa als „die Äthylverbindung der Methacrylsäure“ (ebd., 13). Diese „wird durch kochende alkoholische Kalilösung leicht zersetzt, unter Bildung von Alkohol und dem Kaliumsalz der Methacrylsäure [...]. Dieses Kaliumsalz giebt bei der Destillation mit überschüssiger verdünnter Schwefelsäure freie Methacrylsäure, die zuerst als ölige Schichte an der Oberfläche des Destillats aufschwimmt, sich aber in dem zugleich mit ihr übergehenden Wasser auflöst.“ (ebd., S. 13)
Über die Polymerisation der Methacrylsäure zu einer festen harzigen Substanz berichtete 1877 Rudolph Fittig (1835-1910), Professor der Chemie an der Universität Tübingen, zusammen mit seinem Schüler Ludwig Paul. Sie hatten festgestellt, dass „bei jeder neuen Destillation, vielleicht in Folge der Gegenwart von etwas Phosphorchlorür oder Salzsäure, sich ein Theil (der Methacrylsäure, Red.) zersetzte und ein weißes harziges Zersetzungsproduct im Destillationsgefäß zurückblieb“ (Fittig/Paul 1877, 55). Paul hatte bereits im Jahr zuvor in seiner Dissertation die „harzigen Zersetzungsprodukte( ) der Methacrylsäure“ erwähnt, die „wahrscheinlich als Polymere derselben anzusehen sind“ (Paul 1876, 27-28), und klargestellt: „Dass aber die Salzsäure nicht allein polymerisirend wirkt, sondern noch andere unaufgeklärte Bedingungen obige Veränderungen herbeiführen, beweist schon die Thatsache, dass sich selbst nach Entfernung der Salzsäure [...] harzige Produkte bei der Destillation abschieden. Zudem tritt dasselbe bei [...] Operationen ein, wo die in Arbeit genommenen Körper nicht mit Salzsäure in Berührung kommen.“ (ebd., 13)