Fruchtbares Agrarland wird weltweit immer knapper. Das hat in den letzten Jahren zu einem Anstieg von Investitionen in Land im globalen Süden geführt. Im Rahmen solcher Investitionen versuchen sich internationale Agrarkonzerne und Regierungen langfristig Zugang zu Land in anderen Weltregionen zu sichern, um beispielsweise Agrarprodukte für den Weltmarkt oder Bergbau zu Betreiben. Diese Investitionen können durchaus positive Auswirkungen haben, z.B. wenn Arbeitsplätze entstehen oder Technologtransfer stattfindet. Gleichzeitig besteht die Sorge, dass Investitionen in Land zu einem höheren Druck auf die Umwelt führen und die lokale Bevölkerung benachteiligen.
Diese Sorge ist berechtig, wie eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Kyle Davis von der University of Delaware und unter Beteiligung des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) herausfand. Die jetzt in Nature Geoscience veröffentlichte Studie zeigt erstmalig die Zusammenhänge von Landinvestitionen und Abholzung tropischer Wälder über den gesamten globalen Süden hinweg. Laut der Studie führen viele Landinvestitionen zur verstärkten Abholzung von Tropenwäldern in Agrarland – in weitaus höherem Ausmaß, als dies ohne Investitionen zu erwarten wäre.
„In den letzten Jahrzehnten gab es aufgrund der weltweit wachsenden Nachfrage nach Agrarprodukten und Rohstoffen aus der Forstwirtschaft einen rapiden Anstieg der Landinvestitionen“, erklärt Tobias Kümmerle, Professor für Biogeographie an der HU und Mitautor der Studie. „Die Studie zeigt, dass diese Investitionen bevorzugt auf Gebiete abzielen, in denen noch Tropenwald vorhanden ist. Vor allem die Investitionen zur Produktion von Kautschuk und Palmöl, aber auch zur Produktion von Biomasse für die Papierherstellung führen zur Abholzung dieser Wälder“.
Die Forscherinnen und Forscher nutzten eine große georeferenzierte Datenbank mit mehr als 82.000 einzelnen Transaktionen, die 15 Länder in Lateinamerika, Subsahara-Afrika und Südostasien abdeckt, und brachten diese mit globalen Daten über die jährliche Waldbedeckung und den Waldverlust zwischen 2000 und 2018 zusammen. „Diese einzigartigen Datensätze lieferten uns Informationen über die genaue Fläche, die Grenzen und die beabsichtigte Nutzung der einzelnen Landinvestitionen. Dadurch konnten wir mit Hilfe von statistischen Verfahren berechnen, ob groß angelegte Landinvestitionen wirklich mit einer erhöhten Waldverlustrate verbunden sind“, so Davis, Professor an der Universität Delaware und Hauptautor der Studie.
Die Studie zeigt, dass seit Beginn des Jahrhunderts 76 Prozent aller großen Landerwerbe im globalen Süden auf ausländische Landinvestitionen zurückzuführen sind. Diese Landerwerbe deckten sechs bis 59 Prozent der Landfläche eines Landes und bis zu 79 Prozent seiner Wälder ab. Die Forscher fanden auch heraus, dass bestimmte Investitionen an besonders hohe Waldverlustraten geknüpft waren – insbesondere wo Land für den Anbau von Palmöl, Kautschuk oder forstliche Monokulturen akquiriert wird. Bei anderen Investitionstypen, wie beispielsweise der langfristigen Pachtung von Wäldern für den Holzeinschlag und mit dem Ziel des Abbaus von Bodenschätzen, waren die Ergebnisse uneinheitlicher. Manchmal stellte sich hier sogar eine kleine, schützende Funktion heraus – der Waldverlust war also weniger als in umliegenden, vergleichbaren Gebieten.
„Wir müssen dringend Regulierungen hinsichtlich von Landinvestitionen sowie Handelsbestimmungen stärken, um das zu schützen, was von unseren tropischen Wäldern noch übrig geblieben ist“, erklärt Laura Kehoe, eine weitere Koautorin und ehemalige Doktorandin des Geographischen Instituts der HU.
Die Forscherinnen und Forscher betonen, wie wichtig es ist, transparente und detaillierte Informationen über Landinvestitionen bereitzustellen. Nur dann sei es möglich, die Auswirkungen dieser Transaktionen objektiv zu beurteilen.
Ihre Ergebnisse liefern auch konkrete Ansatzpunkte für politische Entscheidungsträgerinnen und -träger zur Vermeidung von Entwaldung: „Wir sehen, dass die gleiche Art von Investitionen in einem Land zu verstärktem Waldverlust führen kann, in einem anderen Land aber nicht. Dies deutet darauf hin, dass es Möglichkeiten gibt, die negativen Umweltauswirkungen von Landinvestitionen erheblich zu mindern“, schließt Tobias Kümmerle.