Aus meteorologischer Sicht ist seit 1. September 2016 Herbst, am 22. September zieht auch der Kalender gleich. Und doch beschleicht einen bei aktuellen Temperaturen um die 30 °C das Gefühl, jetzt wird’s noch mal richtig Sommer, mit allem, was dazugehört. Auch aus modischer Sicht. Ein weitverbreitetes Bild in diesen Tagen: kurze Hosen, T-Shirt, Baseballkappe auf dem Kopf und Flip Flops an den Füßen. In diesem Aufzug fährt mancher, aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit oder auch bewusst, weil die Klimaanlage Erleichterung verspricht, statt mit dem Rad mit dem Auto ins Freibad oder an den See oder sonst wohin. Das aber, liebe Freunde der leichten polymeren Schuhmode, ist alles andere als vernünftig. Das Gegenteil scheint der Fall – als hätten wir es nicht immer schon gewusst: Wer mit Flip Flops an den Füßen Gas gibt, in die Bremse tritt oder kuppelt, lebt gefährlich – und riskiert zudem das Leben der anderen Verkehrsteilnehmer. Das haben Wissenschaftler bewiesen.
Wie gefährlich es ist, nur mit Flip Flops beschuht Auto zu fahren, haben Wissenschaftler der Leuphana Universität in Lüneburg untersucht. Professor Friedrich Müller und sein Team vom LüneLab, dem Institut für Experimentelle Wirtschaftspsychologie der Leuphana, werteten an einem Fahrsimulator 5.400 Bremsmanöver aus.
Flip Flops an den Füßen beeinträchtigen nachweislich die Fahrsicherheit
Unter anderem untersuchten die Wissenschaftler die Reaktionen von 34 Personen, die bei jeweils der Hälfte der Bremsvorgänge feste, gut sitzende Schuhe trugen, in den anderen Situationen Flip Flops. Gemessen wurden u. a. die Reaktionszeiten und die Zeit, die benötigt wurde, um den Fuß vom Gas- zum Bremspedal umzusetzen (Umsetzzeit) sowie die Vorbremszeiten, als etwa die Zeit vom Aufleuchten einer Ampel oder dem Erscheinen von Personen auf der Fahrbahn bis zum vollständigen Betätigen des Bremspedals.
Die Wissenschaftler kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: Unter allen Bedingungen sind die Vorbremszeiten mit Flip Flops deutlich länger als die mit festen Schuhen. In überraschend auftretenden Bremssituationen – zum Beispiel ein Kind fährt plötzlich mit einem Skateboard auf die Straße – verlängert sich der Bremsweg: bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h im Durchschnitt um etwa 2,5 m.
Situationen, in denen die Fahrer bei Bremsmanövern vom Pedal abrutschten, an Pedalen hängen blieben oder sich zwischen den Pedalen verhakten, wurden ausschließlich bei Flip Flop-Fahrern beobachtet. Knapp die Hälfte der Fahrer mit Flip Flops verfehlte mindestens einmal das Bremspedal, ein knappes Drittel rutsche mindestens einmal vom Pedal ab.
Persönliche Einschätzung der Fahrer bestätigt Untersuchungsergebnis
Achtzig Prozent der Fahrer berichten, dass sie sich beim Fahren mit Flip Flops deutlich unsicherer fühlten. Das Fahren mit ungeeignetem Schuhwerk erfordert also insgesamt eine deutlich höhere Aufmerksamkeit vom Fahrzeuglenker. Die Verkehrspsychologen nehmen deshalb an, dass sich die Bremszeiten weiterhin verlängern, wenn Fahrer durch ein komplexes Verkehrsgeschehen, durch Mitfahrer oder andere Reize abgelenkt werden. Solchen Einflüssen wollen die Wissenschaftler mit einem am LüneLab neu konzipierten Fahrsimulator in einer weiteren Studie auf die Spur kommen. GDeussing