Menschen erklimmen und erklettern steilste Berge und Wände und schwingen sich in schwindelnde Höhe empor, meist im Vertrauen darauf, dass ein Kunststoffprodukt im Falle eines Sturzes ihr Leben rettet. Der polymere Retter feiert Geburtstag: Am 16. Februar 1937 meldete der US-Chemiekonzern Du Pont die vielseitig nutz- und belastbare Kunstfaser "Nylon" zum Patent an.
Selbst ein Kleinkind balanciert leichtfüßig und sicher auf hoher Mauer, wenn seine Hand von der eines Erwachsenen geführt wird. Ohne den stützenden Griff würde mancher Marsch auf schmalem Grat auf wackeligen Beinen verlaufen und wohlmöglich in einem Sturz enden, weil haltloser Blick in steilabfallende Tiefe Schwindel verursachen und Balanceverlust bewirken kann. Experten im Meistern großer Höhen setzen, in Gruppe unterwegs, ebenfalls auf Kontakt, nicht vermittels Fassen der Hände. Beim Wandern und Klettern in steilem und unsicherem Terrain generiert ein Tau griffgleiches Sicherheitsempfinden. Es schnürt die Teilnehmer einer Bergwanderung oder Klettertour zur „Seilschaft“ oder vermittelt ergebnishaft sicheren Halt an einem in der Steinwand versenkten Stahlhacken.
Bis in die 1960er-Jahre waren Hanfseile als Bindeelement in alpiner Umgebung üblich und weit verbreitet. Die Naturfaser, zu fingerdicken Seilen geschlagen, erfüllte ihren Dienst auch unter größter Belastung, bis Regennässe und Schmutz die Fasern verschleißen ließ. Ein Prozess, der im Verborgenen vonstattengeht und selten augenfällig ist: Mag auch das Hanfseil äußerlich trocken wirken, so weiß niemand genau zu sagen, wie es in seinem inneren Kern aussieht. Oft genug zeigt sich die Werkstoffschwäche erst dann, wenn das Seil auf die Probe gestellt wird und unter große Zugkräfte gerät, etwa jene die auftreten, wenn ein Körper aus großer Höhe ins Seil stürzt. Bis in die 1960-er Jahre hinein galt: Wenn ein Alpinist in den Bergen tödlich verunfallte, dann nicht selten aufgrund von Seilbruch. Selbst dickste Hanfseile gaben ohne Müh nach und rissen, wenn die Fasern verfault waren.