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19.09.2011

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China: Kunststoffbranche erwartet neue Rekorde

Ölpreis treibt Produktionskosten nach oben / Deutsche Kunststoffmaschinenlieferanten profitieren von kräftiger Nachfrage
Von Bernd Schaaf

Die chinesische Kunststoffbranche erwartet einen neuen Produktionsrekord. Da fast alle Abnehmerbranchen weiter wachsen, sind die Aussichten weiterhin positiv. Das beflügelt die Investitionen der Branche und damit auch die Einfuhr von Kunststoffmaschinen. Im 1. Halbjahr profitierten insbesondere die deutschen Lieferanten von der kräftigen Nachfrage. Lediglich der Ölpreis bereitet den chinesischen Kunststoffproduzenten Sorge. Sie befürchten deutlich steigende Fertigungskosten.

Die chinesischen Hersteller von Kunststofferzeugnissen starteten mit großem Schwung ins Jahr 2011 und erwarten sowohl in der Produktion als auch im Verkauf und Export neue Rekorde. Die Zuwächse des Vorjahres dürften allerdings nicht ganz erreicht werden. 2010 hatte die Bruttoproduktion der rund 20.000 Branchenunternehmen nach Angaben des Verbandes "China Plastics Processing Industry Association" (CPPIA) im Vergleich zum Vorjahr um 31,1% auf 1.424 Mrd. Renminbi Yuan (RMB; etwa 159 Mrd. Euro; 1 Euro = 8,97 RMB) zugelegt.

Im 1. Quartal 2011 wuchs zwar die Erzeugung im Vergleich zum Vorjahresquartal noch um 30,0% auf 314 Mrd. RMB, Beobachter erwarten allerdings aufgrund der Antiinflationsmaßnahmen der Regierung auf dem Binnenmarkt und einer weltweit nachlassenden Konjunktur der Abnehmerländer eine Verlangsamung der Zuwachsraten. Für das Gesamtjahr wird daher eine Steigerung der Bruttoproduktion um 25% auf rund 1.780 Mrd. RMB prognostiziert.

Produktion von Erzeugnissen aus Kunststoff (in Tsd. t; Veränderung im Vergleich zur Vorperiode in %)
[2;z]Quelle: NBS

Die Entwicklung wird dabei wesentlich getragen von den großen Abnehmersektoren wie Verpackungstechnik, Immobilien- und Kraftfahrzeugbau. Auch der Export von Kunststofferzeugnissen, der 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 11,5% zurückgegangen war, ist mittlerweile wieder erstaunlich expansiv. So legten die Ausfuhren 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 34,5% auf 25,3 Mrd. $ zu, und für 2011 wird eine weitere Steigerung um mehr als ein Viertel auf rund 32 Mrd. $ erwartet.

Trotz mehrerer Versuche der Regierung, den Boom im Immobilienbau abzuschwächen, bleiben die Investitionen des Sektors weiterhin hoch. Nach Informationen des National Bureau of Statistics (NBS) flossen im 1. Halbjahr 2011 etwa 3.170 Mrd. RMB in den Bausektor. Das waren 31,9% mehr als vor Jahresfrist. Auch einem weiteren Großabnehmer von Kunststoffen, der Verpackungsindustrie, geht es weiterhin blendend. Dies zeigt sich an der Produktion von Verpackungsmaschinen, die in den ersten sechs Monaten des Jahres um 22,0% auf knapp 41.000 Einheiten zulegte.

Struktur der Produktion von Kunststofferzeugnissen *) (in Tsd. t; Veränderung im Vergleich zur Vorperiode in %)
[3;z]*) aufgrund einer Veränderung der Klassifikation sind die Angaben nicht mit früheren Daten vergleichbar

Quelle: China Chemical Industry News

Positiv im Trend liegen auch die Hersteller von Kunststoffen für den Haushalt. Nach NBS-Angaben lagen die Einzelhandelsumsätze im 1. Halbjahr 2011 um 16,8% über dem Vorjahresergebnis und erreichten ein Volumen von 1.457 Mrd. RMB. Dabei bleibt die Dynamik stabil, da der Juni mit einer Steigerungsrate von 17,7% nochmals leicht zulegen konnte.

Einzig der Kfz-Sektor schwächelt derzeit als Abnehmer von Kunststofferzeugnissen. Im 1. Halbjahr 2011 ging die Produktion im Vergleich zur Vorjahresperiode um nur noch 5,0% auf 9,55 Mio. Fahrzeuge nach oben. Das waren 41,6 Prozentpunkte weniger als noch vor Jahresfrist.

Das insgesamt positive Umfeld zeigt sich deutlich im Optimismus der Branchenunternehmen, die aktuell investieren wie lange nicht mehr. Schon 2010 waren die Investitionen im Vergleich zum Vorjahr um 27,4% auf 179 Mrd. RMB nach oben geschnellt. In den ersten sechs Monaten 2011 legten die Kunststoffproduzenten nochmals eins drauf und erhöhten ihre Ausgaben im Vergleich zur Vorjahresperiode um 40, 5% auf 116 Mrd. RMB.

Trotz des insgesamt günstigen Umfeldes klagen die Kunststoffhersteller über den Margendruck. Gefürchtet sind insbesondere die hohen Schwankungen der Erdölpreise, zumal Chinas Ölversorgung zu mehr als 55% von ausländischen Lieferungen abhängt. In der Folge fluktuieren die Preise für Vorprodukte wie Primärkunststoffe teilweise erheblich. "Chinas Kunststoffindustrie tritt in das Zeitalter hoher Produktionskosten ein" titelte der Branchenverband in einer Analyse im August des Jahres. Danach litten insbesondere Verarbeiter von PP- und PE-Erzeugnissen unter dem hohen Erdölpreis, während es PVC-Abnehmer weitaus weniger traf.

Die aktuell gute Binnenkonjunktur wird gestützt von positiven Nachrichten von der Ausfuhrfront. Schon heute ist China der weltweit größte Exporteur von Fertigerzeugnissen aus Kunststoff, und auch bei Halbwaren schließt das Reich der Mitte zusehends auf. Im 1. Halbjahr 2011 zogen die Ausfuhren von Kunststoffen im Vergleich zur Vorjahresperiode um 25,7% auf 15.328 Mio. $ an. Darunter waren Halbwaren mit einem Plus von 39,8% auf 4.137 Mio. $ besonders expansiv, während Fertigerzeugnisse nur einen Zuwachs von 21,1% auf 11.191 Mio. $ vorweisen konnten.

Außenhandel mit Kunststofferzeugnissen (in Mio. US$; Veränderung im Vergleich zur Vorperiode in %) Warengruppe
[4;z]Quelle: Chinesische Zollstatistik

Dabei befanden sich sämtliche Segmente der Kunststofferzeugung deutlich im Plus. Im Ausland gefragt waren im 1. Halbjahr insbesondere Monofile (HSPos. 3916), die eine Steigerung um 47,4% auf 135 Mio. $ vorweisen konnten. Aber auch "Andere Tafeln, Platten, Folien" (HSPos. 3920) fanden mit einer Steigerung um 44,4% auf 1.877 Mio. $ gute Absatzmärkte.

Einfuhrseitig wuchsen die Auslandsbezüge im 1. Halbjahr 2011 um 21,3% auf 11,2 Mrd. $, so dass für das Gesamtjahr von einem neuen Rekord von mehr als 20 Mrd. $ ausgegangen werden kann. In den ersten sechs Monaten lagen dabei sämtliche Kunststoffsegmente mit hohen zweistelligen Zuwachsraten im Plus.

Größter Lieferant von Kunststofferzeugnissen für den chinesischen Markt war 2010 (letztverfügbare Werte) Japan mit einem Anteil von 31,1% an den chinesischen Gesamtimporten in diesem Segment gefolgt von Korea, Rep. (15,9%) sowie Taiwan (15,1%). Deutschland folgte (nach den USA) auf Rang fünf mit einem Anteil von 5,7%.

Trotz großer Erfolge im Aufbau einer eigenen Kunststoffindustrie bleiben die chinesischen Produzenten abhängig von ausländischen Lieferungen von Primärkunststoffen. So bezog das Reich der Mitte alleine 2010 Kunststoffe in Primärform im Umfang von 48,7 Mrd. $ aus dem Ausland. Dies entsprach einem Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr von 26,9%. Im 1. Halbjahr 2011 schwächte sich die Dynamik allerdings deutlich auf ein Plus von nur noch 8,2% auf 25,9 Mrd. $ ab.

Der boomende chinesische Kunststoffmarkt zog im 1. Halbjahr 2011 auch den Import von Kunststoffmaschinen wieder steil nach oben. Nach dem Rekordjahr 2008, als die Auslandsbezüge gegenüber dem Vorjahr noch um 11,6% auf 2.858 Mio. $ angestiegen waren, stürzten die Maschinenimporte 2009 um 29,2% auf 2.023 Mio. $ ab. 2010 lief für ausländische Kunststoffmaschinenlieferanten wieder deutlich besser. Im Gesamtjahr stiegen die chinesischen Importe im Vergleich zur Vorperiode um 50,6% auf 3.047 Mio. $.

2011 dürfte für ausländische Maschinenlieferanten das beste Jahr der Geschichte werden. Nach Zollangaben erhöhten sich die chinesischen Auslandsbezüge im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr um 37,3% auf 1,87 Mrd. $, so dass im Gesamtjahr die Marke von 4 Mrd.. $ erreichbar scheint. Damit bleibt das Reich der Mitte der mit weitem Abstand größte Kunststoffmaschinenimporteur der Welt.

Regional gesehen gingen im 1. Halbjahr 2011 die meisten Kunststoffmaschinen ins Yangzi-Delta oder ins Perlflussdelta. So befanden sich die 20 importstärksten Städte überwiegend im Yangzi-Delta (11) oder in Guangdong (4). Spitzenreiter unter den Abnehmern waren die Stadt Suqian in der Provinz Zhejiang (+311,4% auf 108 Mio. $) vor Shenzhen (-4,7% auf 74 Mio. $) und Dongwan (Provinz Guangdong) (+26,4% auf 61 Mio. $). Erstmals befand sich ein Kunde im Hinterland, nämlich die regierungsunmittelbare Stadt Chongqing, mit Kunststoffmaschineneinfuhren im Umfang von 33 Mio. $ unter den ersten zehn.

Freuen durften sich dabei im 1. Halbjahr 2011 insbesondere deutsche Anbieter. Die chinesischen Kunststoffmaschineneinfuhren aus Deutschland erhöhten sich um exorbitante 102,9% auf 719 Mio. $. Damit stellten sie 38,4% der chinesischen Gesamtbezüge in diesem Segment vor Japan (30,3%) und Taiwan (12,7%).

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