Die Fähigkeit, mechanische Bewegungen in elektrische Ladungen umzuwandeln, verdankt der Gummi dem sogenannten piezoelektrischen Effekt, der auftritt, sobald das Material mechanisch verformt wird. Hierdurch erfolt eine innere Polarisation des Gummis.
Dieser Effekt wird zum Beispiel bei Tonabnehmern von Analog-Plattenspielern genutzt. Die Nadel wird durch die Rillen in der Platte so gelenkt, dass sie mechanische Schwingungen erzeugt. In einem piezoelektrischen Kristall werden diese Schwingungen zu elektrischen Impulsen umgewandelt, die wiederum verstärkt und in Schallschwingungen umgewandelt werden können.
Lange Zeit war der piezoelektrische Effekt nur von Kristallen bekannt. Da diese starr sind, konnte der Effekt nur in bestimmten Anwendungen genutzt werden. Doch Empa-Forscherin Dorina Opris und ihren Kollegen gelang es nun, Elastomere mit piezoelektrischen Eigenschaften zu versehen. Einfach in der Herstellung ist das neue Material indes nicht. Der Gummi ist ein Verbundstoff aus polaren Nanopartikeln und einem Elastomer, im Prototyp Silikon. Yee Song Ko, Doktorand an der Empa, muss zuerst beide Stoffe in die gewünschte Form bringen und sie anschliessend miteinander vernetzen. Es entsteht ein dünner, elastischer Film, in dem die polaren Reste der Nanopartikel noch zufällig orientiert sind.
Um ein piezoelektrisches Material zu erhalten, muss Yee Song Ko die dem Gummi eine innere Polarisierung aufprägen, was durch ein starkes elektrisches Feld geschieht. Zu diesem Zweck wird der Film erhitzt, bis die Glasübergangstemperatur der Nanopartikel überschritten wird, und diese von einem festen, glasartigen Zustand in einen gummiartigen, zähflüssigen Zustand übergehen. Unter diesen Bedingungen orientierten sich die polaren Reste an dem elektrischen Feld. Die erreichte Orientierung wird schliesslich durch Abkühlen des Materials auf Raumtemperatur "eingefroren".