Um 12.000 v. Chr. entstandene Malereien in der Höhle Les Combarelles, Département Dordogne/Frankreich, zeigen die Benutzung eines Penisfutterals.
Auf einer ägyptischen Statuette aus der Zeit um 4000 v. Chr. ist das männliche Geschlechtsteil von einer Hülle, „Karnata“ genannt, umgeben, die vermutlich nicht zur Empfängnisverhütung angelegt wurde, sondern vor Verletzungen im Kampf und auch gegen Insektenstiche schützen sollte. Indianische und afrikanische Kulturen verwendeten ähnliche Präservative gegen Blutegel und von Fischen übertragene Parasiten – oder als das Geschlechtsteil schmückenden Zierat.
Minos, der sagenumwobene König von Kreta, Sohn von Göttervater Zeus und Europa, soll um 1500 v. Chr. die Harnblasen von Ziegen als Kondome verwendet haben. Kurioserweise ging es darum, eine Schwangerschaft herbeizuführen statt abzuwenden. Der Mythologie nach enthielt Minos’ Ejakulat giftige Skorpione, Schlangen und Tausendfüßler, sodass alle Frauen, mit denen er geschlechtlich verkehrte, starben. Ein Zauber, den ihm seine unsterbliche – und unsterblich eifersüchtige – Gattin Pasiphae angehext hatte. Damit Minos mit Pasiphae Kinder zeugen konnte, riet ihm die attische Königstochter Prokris zum Gebrauch einer in die Scheide einzuführenden Ziegenblase. Diese fing das todbringende Ejakulat auf; die anschließende Vereinigung war dann ungefährlich und führte bei Pasiphae schließlich zur lang ersehnten Schwangerschaft. Genau genommen also kein Kondom, sondern ein frühes Pessar (bzw. ein Kondom für die Frau). All dies berichtete jedenfalls der griechische Dichter Antoninus Liberalis in seiner Erzählung „Der Fuchs von Procris“, dem Schlusskapitel seiner „Metamorphosen“ (150 n. Chr.).
Auch im alten Japan (1000 v. Chr.) waren Kondome bekannt. Diese „Kabutogata“ genannten Präservative waren meist aus Schildpatt gefertigt, also aus den getrockneten Hornplatten vom Panzer der Karettschildkröten.
In altindischen Sanskritquellen ist von Kondomen ebenso wenig die Rede wie im „Kamasutra“ (200-300 n. Chr.); allerdings wird dort eine Art Stützfutteral erwähnt, das helfen sollte, verlorene Manneskraft zurückzuerlangen. Wenn es keine Löcher aufwies, kam theoretisch auch der Aspekt Empfängnisverhütung ins Spiel.
In frühmittelalterlichen Texten ist von Kondomen nirgends die Rede, stattdessen wird Keuschheit gepredigt.
Nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus anno 1492 schleppten spanische Seeleute die Syphilis nach Europa ein, später bezeichnenderweise „Geschenk der neuen Welt“ und „Rache der Indianer“ genannt. Spanische Söldner in Diensten der französischen Armee waren 1495 an der Eroberung des Königreichs Neapel beteiligt – und verbreiteten dort die Syphilis. Folglich erhielt sie den Namen „französische Krankheit“ – für die Ausbreitung der Seuche in Europa wurde das Heer des Franzosenkönigs Charles VIII. (1470-1498) verantwortlich gemacht.
Als erste verbürgte Schutzmaßnahme gegen die Syphilis empfahl 1564 der italienische Anatom und Chirurg Gabriele Falloppio (1523-1562) in seinem Werk „De Morbo Gallico“ („Über die französische Krankheit“) die Verwendung von Leinensäcken, getränkt mit medikamentösen und spermiziden Substanzen wie Quecksilbersalzen.
Der – historisch nicht verifizierbare – englische Hofarzt Dr. Condom empfahl Englands König Charles II. (Regierungszeit: 1660-1685) die Verwendung von Hammeldärmen zur Infektions- und Empfängnisverhütung.
1671 beklagte die französische Schriftstellerin Madame de Sévigné (1626-1696) in einem Brief an ihre Tochter, die Comtesse Françoise Marguerite de Grignan, die Gummihaut sei ein „ein Panzer gegen die Lust, aber ein Spinnweb gegen die Gefahr“.
In dem Gedicht „A Scots Answer to a British Vision“ wird 1706 erstmals in der englischen Literatur ein „Condum“ erwähnt. Verfasser war John Hamilton, zweiter Lord Belhaven and Stenton (1656-1708).
Der englische Arzt Daniel Turner (1667-1741) verwendete im Jahre 1717 in einer wissenschaftlichen Abhandlung über die Syphilis erstmals das Wort „Kondom“.
Giovanni Giacomo Casanova (1725-1798), der wohl berühmteste Schürzenjäger seiner Zeit, benutzte zum Schutz vor Syphilis Kondome aus Tierdarm. Überliefert ist, dass er sie vor ihrem Einsatz aufblies, um sich von ihrem einwandfreien Zustand zu überzeugen (und um die anwesenden Damen zu erheitern).
Um 1750 betrieb in London eine Mrs. Philips den weltweit ersten Kondomhandel für Kunden aus ganz Europa; später teilte sie sich das Monopol mit einer Mrs. Perkins.
Der deutsche Dichter Heinrich Heine (1797-1856) verwendete Kondome aus veilchenblauer Seide, von einem Schneider zwar auf Maß gearbeitet, aber wenig zuverlässig – Heine verstarb an der Syphilis.
Der deutsche Arzt und Syphilisspezialist Christoph Girtanner (1760-1800) schlug 1789 eine Schutzverkleidung für das Membrum virilis mit Fischblasenkondomen vor, deren öffentlicher Verkauf jedoch aus sittlichen Gründen zu unterbinden sei.
1820 erhielt der britische Fabrikant und Erfinder Thomas Hancock (1786-1865) sein erstes Kautschukpatent auf die Herstellung elastischer Bänder und Gewebe für Handschuhe, Strümpfe und Schuhe.
Nachdem 1839 der US-amerikanische Chemiker Charles Nelson Goodyear (1800-1860) die Vulkanisation (Behandlung des Kautschuks mit Schwefel und anschließendes Erhitzen) entdeckt hatte, war es möglich, aus Kautschuk ein neuartiges Material, genannt Gummi, herzustellen, das dehnbar, wasserdicht, bruchstabil und damit beständig war. Durch die Vulkanisation werden die einzelnen Makromoleküle des Kautschuks zu einem großen Molekülverband verknüpft. Die Erfindung der Heißvulkanisation wurde von dem schon erwähnten Thomas Hancock weiterentwickelt und gelangte 1843 zur Anwendungsreife. Ein Patent auf die Vulkanisation meldete Hancock eher an als Goodyear, dem dazu das Geld fehlte. 1855 wurde diesem in einem Patentstreit aber die Prioriät zugesprochen. Im selben Jahr präsentierte Goodyear das erste Gummikondom, das allerdings erst 1870 in den Handel gelangte. Es war zusammengeschweißt, besaß also eine Längsnaht und wies eine Wandstärke von ein bis zwei Millimetern auf (heutiger Standard: drei bis acht Hundertstelmillimeter; die menschliche Haut ist etwa zehnmal dicker).
Meyer’s Conversations-Lexicon straft das Kondom nicht länger mit Schweigen, sondern nimmt es in die Ausgabe von 1851 auf. Allerdings ist der Eintrag durchdrungen von moralischer Entrüstung: „Kondom (Condom), ein Ueberzug von Goldschlägerhaut (= äußere Schicht von Blinddärmen), der von Wüstlingen vor dem Beischlafe über das männliche Glied gezogen wird, um die Befruchtung zu verhüten, auch wohl um die venerische Ansteckung unmöglich zu machen, eine jener raffinierten Erfindungen, auf welche die verderbte Zeit geführt hat, die aber der sittliche Mensch verachtet, ja kaum dem Namen nach kennt.“
1870 begann der schottische Chemiker Charles MacIntosh (1766-1843), der bereits gummierte Regenmäntel herstellte, mit der industriellen Fabrikation von Kondomen für den internationalen Markt.
1873 wurden in den USA empfängnisverhütende Mittel verboten. Kondome waren davon nicht betroffen, mussten aber mit dem Vermerk „For disease prevention only“ vertrieben werden.
Der Berliner Gummiwarenfabrikant Julius Fromm (1883-1945) perfektionierte 1912 die Kondomherstellung, indem er Glaskolben in die flüssige Rohlatexlösung tauchte. Mit der Tauchmethode ließen sich hauchdünne Kondome ohne Naht und mit Reservoir fürs Ejakulat herstellen.
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) stattete die deutsche, französische und britische Armee ihre Soldaten mit Kondomen aus. US-Soldaten bekamen keine – und erkrankten weitaus häufiger an Geschlechtskrankheiten.
1916 stellte Fromm erstmals maschinell gefertigte Kondome heutigen Typs vor und schuf somit das erste Markenkondom, „Fromms Act“. Die ersten Fabriken standen in Berlin-Köpenick und -Friedrichshagen, sie brachten es auf eine Tagesproduktion von 150.000 Stück.
1922 erließ in Deutschland Justizminister Gustav Radbruch (1878-1949; SPD) ein Werbe- und Verkaufsverbot für Verhütungsmittel. In Frankreich bestand ein solches Verbot schon seit 1920.
1929 wurde in den USA das erste Latexkondom verkauft.
1938 führte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) erstmals Qualitätskontrollen für Kondome ein, um die hohe Rate von Defekten, damals etwa 60 Prozent, zu senken.
1951 wurde das elektrische Prüfverfahren für Kondome etabliert. Zuvor gab es nur sogenannte Wasserberstprüfungen.
1959 wurden auf Betreiben des damaligen Bundesfamilienministers Franz-Josef Wuermeling (1900-1986; CDU) die Werbung für Kondome und deren Verkauf in Automaten „an öffentlichen Plätzen, Wegen und Straßen“ gesetzlich verboten (§ 41a Gewerbeordnung). Der Bundesgerichtshof hob das Verbot 1970 wieder auf.
1960 kamen erstmals Kondome mit silikonhaltigen Gleitmitteln auf den Markt und erhöhten den Gebrauchskomfort.
1968 konnten Kondome erstmals mit Spermien abtötenden Substanzen (Spermiziden) beschichtet werden.
1981 wurde mit dem dlf-Siegel, dem Gütezeichen der Deutschen Latex-Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaft, das erste deutsche Qualitätssiegel für Kondome geschaffen.
1992 hatte „Femidom“, das Kondom für die Frau, Premiere.
1995 löste die europäische Prüfnorm EN 600 die Deutsche Industrienorm DIN 58993 ab; jedes Kondom durfte nun zu maximal 0,25 Prozent undicht sein (vorher 1,4 Prozent). Seit 2002 gilt die internationale Norm EN ISO 4074; Kondome mit dem Aufdruck „EN 600“ wurden bis 2004 aus dem Handel genommen.
In Bayern gilt seit dem 16. Mai 2001 ein „Kondomzwang“ für weibliche und männliche Prostituierte sowie deren Kunden (§ 6 der Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten).
Im Zeichen von Aids erhöhte sich der Kondomabsatz in Deutschland von 1986 auf 1987 um 59 Millionen auf insgesamt 155 Millionen Stück. Bis 1993 kletterte der Kondomabsatz in Deutschland auf 173 Millionen, 2009 erreichte er 215 Millionen.
Kondome sind aktuell der einzige Schutz sowohl vor ungewollten Schwangerschaften als auch sexuell übertragbaren Krankheiten. Zwar ist die Anti-Baby-Pille in Sachen Kontrazeption etwa zehnmal sicherer, sie bewahrt aber nicht vor Aids, Syphilis & Co. Es gibt Präservative heute in den verschiedensten Farben, genoppt, gerillt, geruchsneutral oder – erstmals vor genau 30 Jahren – mit Aromastoffen versehen. GD