Happy Birthday – die K feiert ihr 70-jähriges Bestehen
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Happy Birthday!
Happy Birthday - die K feiert ihr 70-jähriges Bestehen
Rückblick auf das Gründungsjahr 1952
Von Guido Deußing
Am 11. Oktober 1952 öffnete die Messe Düsseldorf ihre Pforten zur ersten K, der heute weltweit bedeutendsten Messe der Kunststoff- und Kautschukindustrie. Wir werfen einen Blick zurück auf das Gründungsjahr der K und laden Sie herzlich ein, uns auf dieser Stippvisite in eine ebenso ereignis- wie folgenreiche Zeit zu begleiten.
Sieben Jahre nachdem Deutschland, Italien und Japan vor den alliierten Streitkräften unter Führung der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion kapituliert hatten, arbeiteten die Menschen in Europa mit aller Kraft daran, das Chaos und die Zerstörungen, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hatte, vergessen zu machen. Noch waren nicht alle Trümmer beseitigt, doch Einsatzwillen und Arbeitsanstrengungen beeindruckten – und nährten die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Die Zerstörung im Großen wurde durch das Heil im Kleinen zu kompensieren versucht. Man fand Erfüllung in einem harmonischen Familienleben, genoss bescheidenen Komfort, huldigte Schönheit und Eleganz, freute sich auf Freizeit, Urlaub und Mobilität. Das eigene Auto kam in Mode und die Airlines bemühten sich, Flugreisen in die Ferien attraktiv zu machen. Sozial aufzusteigen und das persönliche Glück zu mehren waren starke Triebfedern Anfang der 1950er-Jahre.
Gesteigertes Interesse an den Schönen, Berühmten und Adligen
Die heute als die „Wirtschaftswunderjahre“ bezeichnete Zeit bot schillernden Persönlichkeiten eine Bühne. Allgemein wuchs das Interesse der Massen am Leben der Schönen, Berühmten und Reichen. Die Fernsehnation fieberte mit, als Elizabeth Mountbatten-Windsor nach dem Tod ihres Vaters König Georg VI. 27-jährig den Thron von England bestieg. Die Traumfabrik in Hollywood verzauberte die Menschen mit ihren Spielfilmen. Humphrey Bogart erhielt den Oscar für seine Rolle in „African Queen“.
Weltkriegsberichterstatter Ernest Hemingway erlangte mit „Der alte Mann und das Meer“ Weltruhm. Es wurde kollektiv getrauert, etwa um Eva „Evita“ Perón. Die Ehefrau des argentinischen Staatspräsidenten Juan Perón, von der Bevölkerung ihres sozialen Engagements wegen wie eine Heilige verehrt, war im Juli 1952 erst 33-jährig an Gebärmutterhalskrebs gestorben. Und empört hat man sich seinerzeit auch, etwa darüber, dass der Arzt, Philosoph und Theologe Albert Schweitzer zunächst für nicht würdig erachtet wurde, den Friedensnobelpreis zu erhalten – und nach einem Sturm internationalen Protests schließlich doch für sein Engagement in dem von ihm gegründeten Urwaldkrankenhaus in Lambaréné im zentralafrikanischen Gabun vom norwegischen Nobelkomitee geehrt wurde.
Frieden war 1952 nicht jedem vergönnt. Nord- und Südkorea führten seit zwei Jahren einen Krieg gegeneinander, in den sowohl China als auch die USA und die Sowjetunion involviert waren. Der Koreakrieg und die scharfen Töne zwischen der sowjetischen Führung und der US-Regierung schürten die Furcht vor einem Dritten Weltkrieg, für den sich die Großmächte durch Ausbau ihres atomaren Waffenarsenals zu rüsten suchten.
Ein zentraler Schauplatz des Kalten Krieges war das von den Siegermächten besetzte Deutschland: Die im Jahr 1949 aus der Sowjetischen Besatzungszone hervorgegangene Deutsche Demokratische Republik (DDR) band sich wirtschaftlich und ideologisch an die kommunistisch regierte Sowjetunion. Die ebenfalls 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland (BRD), von den USA finanziell stark unterstützt und gefördert, wurde als vollwertiges Mitglied in die westliche Staatengemeinschaft aufgenommen.
Die politische Gemengelage lud dazu ein, Grenzen und Gräben zu überwinden und supranational zu agieren. Einige Staaten Westeuropas rückten wirtschaftlich zusammen: Mit Gründung der Montanunion, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, legten Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande den Grundstein für die spätere Europäische Union (EU) von – seit der letzten Erweiterung im Juli 2013 – derzeit 28 Mitgliedsstaaten.
Wichtiger Verbündeter Westeuropas waren damals wie heute die Vereinigten Staaten von Amerika, die wirtschaftlich, politisch und militärisch global den Ton angaben - und überdies in Sachen Populärkultur als Vorbild angesehen wurden, dem es nachzueifern galt: Der Lebensstandard in den USA wurde zum Maßstab für Wohlstand und Lebenszufriedenheit auch in Europa.
Da kamen polymere Werkstoffe und Produkte, wie sie auf der ersten Kunststoffmesse vom 11. bis 19. Oktober 1952 in Düsseldorf präsentiert wurden, gerade recht. Wie kein anderes Material überzeugte Kunststoff schon damals in sämtlichen Lebensbereichen als Allrounder, und das zu vergleichsweise günstigen Preisen. Der Ausrichter der Kunststoffmesse, der Verband der kunststoffverarbeitenden Industrie, hatte es sich zum Ziel gesetzt, turnusmäßig die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Kunststoffen im Alltags- und Berufsleben zu präsentieren. Die Branche besaß nicht nur einen aussichtsreichen Markt, sondern zählte auch viele Unternehmen: An der ersten K 1952 nahmen bereits 270 Austeller teil. Zunächst nur deutsche, doch der Erfolg der Messe bereitete unweigerlich die spätere Internationalisierung vor.
Zu den Kunststoffen gesellten sich bald auch Kautschuk und Gummi
Impression von der ersten Kunststoffmesse in Düsseldorf vom 11. bis 19. Oktober 1952 in Düsseldorf. Quelle: Messe Düsseldorf
Zu den Kunststoffunternehmen gesellten sich die Hersteller und Verarbeiter von Kautschuk und Gummi. Ein wichtiges Anwendungsfeld war schon damals die Automobilindustrie beziehungsweise deren Zulieferindustrie: Dunlop etwa brachte im Oktober 1952 als Weltneuheit den ersten „Matsch & Schnee“-Reifen (M&S) auf den Markt, der Schneeketten im Winter mehr oder minder überflüssig machen sollte.
In puncto Gummi lieferte das Jahr 1952 auch die eine oder andere interessante Randnotiz: Alain Bombard etwa, ein französische Arzt und Biologe, wollte beweisen, dass Schiffbrüchige rein von dem, was das Meer ihnen böte, auf dem Wasser überleben könnten. Am 25. Mai stach er von Monaco aus in einem Gummiboot in See, um den Atlantik zu überqueren – angeblich ohne Essen und Süßwasser an Bord. Während die Selbstversuche, die der Wissenschaftler angestellt haben wollte („täglich rohen Fisch, dazu ein Schluck Salzwasser“), von der Fachwelt beargwöhnt wurden, blieb eines unzweifelhaft: Das Gummiboot brachte Bombard sicher über den großen Teich – am 24. Dezember erreichte der 28-Jährige die Insel Barbados.
1952 waren die wesentlichen Verfahren zur Herstellung der auch heute noch häufig eingesetzten Kunststoffe bekannt und dem Veranstalter der K gelang es damals, die Polymertrends jener Zeit erstmals öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Die Aussteller präsentierten Plastikfliesen für Küche und Bad, ein zusammenfaltbares Regencape oder die unzerstörbare Plastikflasche – sowohl „Schöner Wohnen“-Anhänger als auch Outdoor-Aktivisten kamen auf ihre Kosten; Camping lag zum damaligen Zeitpunkt voll im Trend. Den größten Andrang an den Messeständen verzeichneten allerdings die Hersteller synthetischer Bekleidung.
Wer nach einem Sinnbild für die Wirtschaftswunderzeit der 1950er-Jahre sucht, wird früher oder später auf zwei wohlgeformte Frauenbeine stoßen, die von einem Hauch transparenter Nylonstrümpfe umschmeichelt werden. Oder muss es Perlonstrümpfe heißen? Der Unterschied zwischen Nylon und Perlon ist geradezu marginal und im Gebrauch ohnehin nicht erkennbar. Bei beiden Materialien handelt es sich um Polyamide, beide gleichermaßen reißfest, dehnbar und temperaturbeständig – und doch grundverschieden: Während die Polymerketten des Nylons, chemisch Polyamid 6,6 genannt, abwechselnd aus Molekülen von Hexamethylendiamin und Adipinsäure bestehen, hängen im Perlon (Polycaprolactam oder Polyamid 6) immer die gleichen Moleküle aneinander.
Nylonstrümpfe - Sinnbild der Wirtschaftswunderzeit der 1950er-Jahre
Wesentlich bei dieser Betrachtung ist die Historie, genauer die Zeit vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges: Nylon war eine Erfindung des US-Amerikaners Wallace Hume Carothers aus dem Jahre 1935, das Patent lag bei der Firma DuPont. Perlon wiederum wurde von Paul Schlack 1937 entwickelt, einem deutschen Chemiker, der die Patentunterlagen seines Kollegen Carothers zur Herstellung von Nylon, der ersten vollsynthetischen Faser, studiert hatte.
Ob nun Nylon oder Perlon – die Strumpfwerbung der 1950er-Jahre wurde mehr oder minder zum Inbegriff der Wirtschaftswunder-Ästhetik. Sie visualisierte Schönheit und Eleganz der damaligen High Society, zu der Marlene Dietrich, Marilyn Monroe, Brigitte Bardot oder auch die persische Kaiserin Soraya gezählt wurden. Letztgenannter wurde in diesem Zusammenhang eine schwere Bürde auferlegt, als sie, damals gerade einmal 19 Jahre alt, den Vorsitz der Teheraner Frauenliga zum Boykott von Nylonstrümpfen übernehmen musste. Das zu verhindern, war ihr Ehemann Schah Mohammad Reza Pahlavi von Persien nicht imstande. Urheber der Nylonboykott-Idee war Irans damaliger Premier Mohammed Mossadegh, der mit diesem aus seiner Sicht klugen Schachzug darauf hoffte, die praktisch erschöpften Devisenreserven des Landes noch ein wenig zu strecken.
Die Nylons hatten damals fürwahr ihren Preis. In Deutschland betrug dieser anno 1952 zwischen 5,90 und 12,90 DM je Paar – ein ziemlicher Luxus in Anbetracht eines durchschnittlichen Stundenlohns von nur 1,50 bis 2 DM. Kein Wunder, dass sich ein Schwarzmarkt entwickelte: Am 8. Dezember 1952, ein Tag bevor Smog über England 4.000 Menschen das Leben kosten sollte, enttarnten Zollfahnder in Lübeck einen Schmugglerring, der rund 400.000 Paar Nylonstrümpfe illegal in den deutschen Handel bringen wollte.
Die K - zu allen Zeiten ein unvergleichliches Fachevent
Das Angebotsspektrum der K hat sich in ihrer mittlerweile 70-jährigen Geschichte drastisch verändert: Während 1952 vor allem Konsumgüter im Fokus der K standen, reicht das Spektrum heute von Maschinen für die Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffen und Kautschuk über Roh- und Hilfsstoffe sowie Halbzeuge und technische Teile aus Kunststoff und Kautschuk bis hin zu diversen Dienstleistungen für die Branche. Aus der Messe mit anfangs rein deutscher Beteiligung hat sich eine multikulturelle Großveranstaltung mit Ausstellern aus über 60 Nationen entwickelt.
In diesem Jahr trifft sich die Branche wieder in Düsseldorf – zur bedeutendsten Leistungsschau der Kunststoff- und Kautschukindustrie weltweit. Aussteller aus der ganzen Welt kommen an den Rhein, um die Leistungsfähigkeit der Branche zu demonstrieren und gemeinsam mit den Besuchern aktiv die Weichen für die Zukunft zu stellen. Diese führen eindeutig in Richtung Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung – und so lauten denn auch die drei erklärten Leitthemen der K 2022.