Die Xylochemie, wie sie Wissenschaftler wie Opatz und Arduengo verstehen, hat bereits mehrfach unter Beweis gestellt, in der Lage zu sein, aus Holz, das im Gegensatz zu Erdöl regenerativ und nachhaltig zu erzeugen und klimaneutral ist, Ausgangsstoffe für die Herstellung von Medikamentenwirkstoffen, Farbstoffen oder auch Kunststoffen zu liefern. Sie bietet sich als attraktive Alternative zu unserer derzeitigen chemischen Infrastruktur an, die nach wie vor im Wesentlichen auf Erdöl und Erdgas fußt, Ressourcen, die über Jahrmillionen unter Bedingungen entstanden sind, welche kaum im technischen Maßstab nachvollziehbar sind, schreiben Opatz, Arduengo und Mitarbeiter in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“. Die Wissenschaftler führen weiter aus, dass Erdöl und Erdgas aus unterirdischen Lagerstätten gefördert würden und ihr Verbrauch ein Ungleichgewicht im Kohlendioxidkreislauf unseres Ökosystems verursache. Es sei daher geboten „eine alternative, nachhaltige chemische Infrastruktur zu entwickeln, die nicht auf finiten (begrenzt vorhandenen) Ressourcen beruht, ökologische Ungleichgewichte vermeidet und dennoch kostengünstig ist“. In diesem Kontext komme der Verwendung von Biomasse sowohl als Energieträger als auch als Rohstoff für die chemische Produktion eine wachsende Bedeutung zu. Die Umsetzung der 1992 in Rio von der Völkergemeinschaft festgeschriebenen Prinzipien zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsansatzes „erfordert die Lösung verschiedener Fragestellungen“, schreiben Opatz, Arduengo et al. Erstens müssten nachwachsende Rohstoffe als Quelle für chemische Bausteine und Reagenzien erschlossen werden. Zweitens gelte es, die natürlich vorkommende Funktionalität im chemischen Sinne, also mit Blick auf die funktionellen Gruppen, Chiralität, Heteroatome usw., weitestgehend zu erhalten und zu nutzen. Drittens gehe es darum, Katalysatoren und Reagenzien zu entwerfen, die das strukturchemische Potenzial von Biomasse in Gänze ausschöpften. „Viertens und letztens sollten chemische Umwandlung, Solvenzien und Synthesen so gewählt und gestaltet werden“, bringen es die Autoren auf den Punkt, „dass sie eher in einem kontinuierlich geführten Prozess (Flow-Verfahren) hergestellt werden können.“ Die Wissenschaftler sind sich bewusst, dass die vier von ihnen formulierten Aufgaben auf dem Weg zu einer nachhaltigen chemischen Infrastruktur eine große Herausforderung darstellen. Unter Berücksichtigung der nur noch begrenzt vorhandenen Erdöl- und Erdgasvorkommen sowie des anthropogenen Klimawandels und dessen Folgen für die Menschheit, sei es jetzt an der Zeit, neue, nachhaltige Wege zu beschreiten. Die Xylochemie bietet laut Opatz und Arduengo hierfür einen guten Ansatz und Ausgangspunkt.