Strom und Wärme sind zwei Seiten ein und derselben Medaille: In beiden Fällen handelt es sich um eine Erscheinungsform von Energie. Und mit der richtigen Versuchsanordnung lässt sich aus Strom Wärme und aus Wärme Strom erzeugen. Genau dieses Prinzip will man zunehmend nutzen, um am Körper getragene medizinische Messegräte mit Strom zu versorgen, und zwar dadurch, dass man die Körperwärme nutzt. Damit das einwandfrei funktioniert, braucht es ein Material, mit dem sich Strom in gewünschter Menge buchstäblich ernten lässt, und das oben so flexibel ist, dass es auch in Bewegung seinen Dienst tadellos erfüllt. Eine patentierte Entwicklung aus den USA nutzt dafür ein besonderes Elastomer, sozusagen eine Art Supergummi, mit hoher Wärmeleitfähigkeit.
Reibung erzeugt Wärme, das weiß jeder. Dieser Vorgang funktioniert auch in umgekehrter Richtung: Aus Wärme lässt sich Strom erzeugen. Darauf basiert das Funktionsprinzip von Solarzellen. Allerdings braucht es für die Stromgewinnung nicht per se Sonnenlicht (Apropos: Wissenschaftler haben jüngst sozusagen Anti-Solarzellen entwickelt, die ausschließlilch nachts funktionieren). Vereinfacht gesagt genügt eine geringfügige Temperaturdifferenz, um in elektrischen Leitern kleinste Teilchen in Bewegung zu und eine Lampe zum Leuchten zu bringen.
Dieses Prinzip macht sich die Medizintechnik zunutze, und zwar wenn es darum geht, unmittelbar am Körper kontinuierlich Körperfunktionen und -parameter aufzuzeichnen, die Herzfrequenz etwa oder den Sauerstoffgehalt und Glucosespiegel im Blut. Batterien erlauben in Ermangelung einer begrenzten Stromspeichermenge nur einen diskontinuierlichen Messprozess. Er wird unterbrochen, wenn die Batterie leer ist. Wird aber für die Stromversorgung die Körperwärme angezapft, kann der Prozess ohne Unterbrechung verlaufen. Damit das funktioniert, also zum einen die Umwandlung von Wärme in Strom und zum anderen der Messvorgang, hat das Gerät mehrere Bedingungen erfüllen:
Es sollte sehr gut Wärme leiten, die erforderlichen elektrischen Bauteile platzsparend aufnehmen, vergleichsweise angenehm zu tragen und höchst flexibel sein, um auch in Bewegung nicht abzufallen und seinen Dienst zu versagen. Dieses Anforderungsprofil erfordert die Verwendung eines Hochleistungswerkstoffs, nämlich die eines Polymers. Genauer gesagt: Elastomer. Vereinfacht ausgedrückt: Gummi.
Ingenieure der North Carolina State University in den Vereinigten Staaten haben jüngst ein wie oben beschriebenes flexibles Gerät vorgestellt, das die Wärmeenergie des menschlichen Körpers zur Überwachung von Gesundheitsparametern auf hocheffiziente nutzt. Das Gerät übertreffe alles Vergleichbares auf dem Markt, frohlocken die Wissenschaftler. In einem im wissenschaftlichen Fachmagazin „Applied Energy“ berichten sie, ihr Gerät verfüge über einen hervorragenden Hautkontakt und biete aus ergonomischer Sicht dem Patienten einen bequemen Tragekomfort. Es sei nicht nur besser als andere tragbaren Geräte, sondern nähere sich in puncto Effizienz jener von Standgeräten an, was vielversprechend für die Anwendung in der diagnostischen Praxis sei.
Was aber macht den Unterschied? Ihr mobiles Messgerät haben die Wissenschaftler in ein dehnbares Elastomer auf Silikonbasis eingebettet, also in ein Art Gummi, dass als Träger für alle elektrischen Bauteile fungiert und das die Aufgabe der Wärmeübertragung bestens erfülle: Ihr Gummi sei durch die Zugabe von Kohlenstoffpartikeln (Graphen) und Halbleiterelementen (wie sie auch in Leuchtdioden Anwendung finden) besonders gut leitfähig. Zudem verfüge ihr Material über die gewünschte Flexibilität und Dehnbarkeit sowie eine hohe mechanische Robustheit. Sprich, es mache allerhand mit, ohne leicht kaputt zu gehen.
Das verwendete thermische Element wiederum, ermögliche ein um die sechsfach höhere Geschwindigkeit bei der Wärmeübertragung, was sich auf die Energieleistung auswirke. Auf den Punkt gebracht: Ihre patentierte Technologie sei geeignet, geben sich die Wissenschaftler selbstbewusst, die Effizienz flexibler Geräte weiter zu erhöhen. (Guido Deussing)