The newly developed polymer switches on and off its fluorescence responding to mechanical stress. Image: Hokkaido University
Wissenschaftler des Adolphe Merkle Institute (AMI) der Universität Fribourg (Schweiz) und der Hokkaido University in Japan haben eine Methode entwickelt, um die Eigenschaften spannungsanzeigender Moleküle maßzuschneidern, die sich in Polymere integriert lassen und die optisch auf Schäden oder übermäßige mechanische Belastungen hinweisen.
Im Rahmen ihrer Forschungsaktivitäten innerhalb des Nationalen Kompetenzzentrums für biologisch inspirierte Materialien untersuchen Professor Dr. Christoph Weder mit seinem Team am Lehrstuhl für Polymerchemie und -materialien am AMI Polymere, die ihre Farbe oder ihre Fluoreszenzeigenschaften verändern, wenn sie unter mechanisch übermäßig und Spannung geraten.
Bisher nutze man für diese Signalfunktion speziell entwickelte Sensormolekülen, die schwache chemische Bindungen enthalten, die brechen, wenn die aufgebrachte mechanische Kraft eine bestimmte Schwelle überschreitet. Dieser Effekt kann eine Farbänderung oder andere vordefinierte Reaktionen verursachen. Eine grundlegende Einschränkung birgt dieser Ansatz allerdings, heißt es in einer gemeinsamen Pressemeldung: Sie besteht darin, dass die schwachen Bindungen auch bei Licht- oder Wärmeeinwirkung brechen können. Dieser hier zutage tretende Mangel an Spezifität verringert den praktischen Nutzen von stressanzeigenden Polymeren. Obendrein ist der sichtbare Effekt auch unumkehrbar.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Yoshimitsu Sagara, ehemals Mitglied im AMI-Team von Weder und heutiger Assistenzprofessor an der Hokkaido University in Japan entwickelt Weder ein neuartiges Sensormolekül, das sich ausschließlich durch mechanische Kraft aktivieren lässt. Im Gegensatz zu bisherigen kraftübertragenden Molekülen erfolgt kein Bruch chemischer Bindungen. Die neuen Sensormoleküle bestehen aus zwei Teilen, die mechanisch ineinander greifen. Diese Verbindung verhindert die Trennung der beiden Teile, während sie gleichzeitig noch zusammengeschoben oder voneinander weggezogen werden können. Ein solch molekulares Drücken und Ziehen bewirkt, dass sich die Fluoreszenz des Moleküls verändert.
In einer neuen Veröffentlichung in der Open-Access-Zeitschrift ACS Central Science berichten Weder et al., dass dieses neue Konzept robust und vielseitig sei: "Unser Versuchsdesign erlaubt es, die Eigenschaften von Sensormolekülen anzupassen, da ihr Verhalten durchaus vorhersehbar ist", erklärt Weder. "Wir haben uns dafür entschieden, dies zu demonstrieren, indem wir Materialien verwenden, die beim Dehnen weiße Fluoreszenz zeigen", fügt Sagara hinzu. Mechanoresponsive weiße Fluoreszenz ist im Allgemeinen schwer zu erreichen. Sie erfordert die Kombination von drei Sensormolekülen mit vordefinierten Emissionsfarben: Blau, Grün und Rot oder Orange. Darüber hinaus müssen die Sensormoleküle eine ähnliche Reaktion zeigen auf mechanische Beanspruchung, um das Ein- bzw. Ausschalten der Weißemission zu erreichen, wenn sie gemischt werden. "
Die Polymere, die die neuen Signalstoffe enthalten, fluoreszieren nicht, wenn sie keiner mechanischen Kraft ausgesetzt sind. Erst wenn die Polymere unter Spannung gesetzt werden, tritt der Fluoreszenzeffekt auf; sie fluoreszieren rot, grün oder blau, wenn nur ein Sensormolekül verwendet wird, weiß, wenn sie kombiniert werden. Da keine chemischen Bindungen gebrochen werden, ist der Prozess reversibel. Die Fluoreszenzintensität oder -helligkeit korreliert mit dem Ausmaß der Verformung.
Zu den möglichen Anwendungen für solche Materialien gehören integrierte Monitore, die visuelle Warnzeichen aussenden, bevor ein Teil ausfällt, oder Ingenieure in die Lage versetzen, Belastungen in Teilen unter Last abzubilden und ihnen zu helfen, diese besser zu entwerfen. Die Sensormoleküle versprechen auch grundlegende Untersuchungen auf molekularer Ebene zu Mechanismen der Stressübertragung in synthetischen Materialien sowie in biologischen Systemen.
Das japanisch-japanische Team arbeitet derzeit an der Vereinfachung des Designs für eine Erweiterung des Konzepts auf Materialien, die ihre Farbe ändern, statt auf ihre Fluoreszenz. Die Reaktion solcher Motive könnte ohne Hilfsmittel überprüft werden und wäre daher für praktische Anwendungen nützlicher.