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07.10.2011

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Taiwan: Zeichen für Kunststoffindustrie stehen auf Wandel

VR China erhöht Preis- und Wettbewerbsdruck / Deutschland wichtiger Chemielieferant / Von Jürgen Maurer

Kunststoffe leisten einen wichtigen Beitrag zu Taiwans wirtschaftlicher Entwicklung. Um ihre lokale Erzeugung trotz zunehmenden Preis- und Konkurrenzdrucks zu erhalten, wird die Kunststoffindustrie die Produktivität und Wertschöpfung erhöhen müssen. Dabei erhält sie von staatlicher Seite Unterstützung. Auch wenn die mengenmäßige Kunststoffproduktion in Taiwan sinken wird, sollen Forschung und Entwicklung sowie die größere Konzentration auf hochwertige Polymere und entsprechende Erzeugnisse den Standort Taiwan stärken.

Die Erzeugung von Kunststoffen in Taiwan erreichte 2010 einen Wert von rund 253 Mrd. Neuen Taiwan-Dollar (NT$; ca. 6,2 Mrd. Euro; 1 Euro = 41 NT$ ) und lag damit 16,3% höher als im Vorjahr. Damit machte die Kunststoffindustrie den Wachstumseinbruch von -14,7% im Jahr 2009 wieder gut, so die Zahlen des Ministry of Economic Affairs. Jedoch wächst mit dem chinesischen Nachbarn eine große Herausforderung für die Branche heran.

Mittlerweile haben viele Kunststoffhersteller und -verarbeiter vor allem von Standardkunststoffen ihre Produktion bereits aus Taiwan in andere Länder der Region verlegt. Weitere dürften diesen Schritt noch vollziehen. Denn die steigende Produktion von petrochemischen Erzeugnissen vor allem in der VR China, sinkende Zollschranken durch das bilaterale Wirtschaftskooperationsabkommen (ECFA) und Umweltauflagen setzen die Wettbewerbsfähigkeit der Branchenanbieter in Taiwan zunehmend unter Druck.

Mitte 2011 hat UPC Technology, ein taiwanischer Hersteller von petrochemischen Midstream-Erzeugnissen, angekündigt, seine Kapazitäten auf dem Festland weiter auszubauen. In Nanchong (Provinz Sichuan) werden die Produktion von PA und DOP (Dioctyl Phtalate) erweitert und in Taizhou (Provinz Jiangsu) ein Werk zur PVC-Herstellung (Polyvinyl Chloride) neu errichtet, wie die China Economic News Service vom 29.6.11 meldete.

Einem Bericht der Nachrichtenagentur zufolge plant zudem die Formosa Plastics Group (FPG), das größte taiwanische Petrochemieunternehmen, die eigene Erzeugung von Ethylen auf dem chinesischen Festland (Ningbo/Provinz Zhejiang) auszubauen. Dabei geht es sowohl um Ethylen-Produktion wie auch um die Herstellung von Downstream-Vorprodukten, unter anderem EVA und PTA, PVC und AE.

Der Ausbau wird zwar nicht kurzfristig erfolgen, langfristig dürfte er aber die Struktur der Kunststoffindustrie in Taiwan beeinflussen. Diese Entscheidungen fallen vor dem Hintergrund, dass der Kapazitätsausbau in Taiwan schwieriger wird. So sorgten Brände und vorübergehende Werksschließungen bei FPG in der 2. Jahreshälfte 2011 für Produktionsausfälle. Zudem sind die Aussichten, in Taiwan neue Upstream-Kapazitäten aufbauen zu können, durch die Absage an ein geplantes petrochemisches Großprojekt gesunken.

Der Modernisierungsdruck, dem sich die taiwanische Kunststoffbranche gegenübersieht, steigt. Die Produktions- und Nachfragestrukturen verändern sich international und daher hat die Regierung die petrochemische Industrie insgesamt auf "Upgrading" gepolt, das sie aktiv unterstützen wird. Als Ziel gilt, die Entwicklung und die Produktion von Polymeren für den Hochtechnologiebereich, wie Optoelektronik, Nanotechnologie, Biomedizintechnologie sowie "grüne" und smarte Materialien auszubauen. Sie sollen deutlich höheres Wertschöpfungspotenzial erzeugen und damit Taiwan als einen Standort der Kunststoffindustrie stärken.

Taiwans Warenproduktion ist stark von Erzeugnissen geprägt, die Kunststoffe beinhalten. Von Standardkunststoffen für Verpackungen und Baustoffen über technische Thermoplaste in Fahrzeugen oder elektronischen Geräten bis zu Hochleistungskunststoffen verarbeiten taiwanische Hersteller alles. Jedoch kann nicht alles im Land selbst erzeugt werden, obwohl eine relativ umfassende Versorgungskette der petrochemischen Industrie über die letzten Jahrzehnte entstanden ist.

So gehören chemische Erzeugnisse zu den wichtigsten Einfuhrprodukten Taiwans aus Deutschland. Nach 971 Mio. Euro 2009 stiegen die deutschen Lieferungen von chemischen Erzeugnissen nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2010 auf 1,53 Mrd. Euro. Dabei handelt es sich um Feinchemikalien, Spezialitäten und Hochleistungskunststoffe, die Taiwan nicht oder noch nicht herstellen kann.

Taiwans Importe und Exporte von Kunststoffen (in 1.000 t)
[2;z]Quelle: Industrial Economic & Knowledge Center

All diese Entwicklungen sorgen für Veränderungen in der Grundausrichtung der Kunststoffindustrie in Taiwan. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, werden die taiwanischen Branchenfirmen in Automatisierung und leistungsfähige Verarbeitungsprozesse investieren. Zudem suchen sie den Schulterschluss mit internationalen Unternehmen, um Know-how zu bündeln, oder beispielsweise gemeinsam Forschung und Entwicklung für neue Polymere und für neue Produkte zu betreiben.

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