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Von "Blutgummi" bis Buna:

Quelle: istockphoto

Von „Blutgummi“ bis Buna:

Der Weltkrieg um Kautschuk

Das Gedenken an den Ersten Weltkrieg, der vor 100 Jahren in Europa entfesselt wurde, bestimmt derzeit die Bestsellerlisten des Buchmarktes und die Titelseiten der Journale. Im medialen Konzert geht unter, dass lange vor 1914 rund um den Globus ein Wirtschaftskrieg tobte, der ebenfalls Millionen Blutopfer forderte: Die Rede ist vom unstillbaren Hunger der industrialisierten Welt nach Kautschuk, von brutaler Ausbeutung der indigenen Bevölkerung als Kautschuksammler in den Regenwäldern am Amazonas und am Kongo, von rücksichtslosen Preiskämpfen, von zäher Verteidigung des Handelsmonopols und nicht nachlassenden Attacken, es zu brechen – mit Brasilien, Großbritannien und den USA als Hauptkontrahenten.

Kein Rohstoff habe durch die Geschichte der Weltwirtschaft eine erschütterndere Spur hinterlassen als der Kautschuk, war sich die zeitgenössische Publizistik einig, die deshalb das Schmähwort „Blutgummi“ („Red Rubber“) prägte: Gummi herzustellen, war das Blut zu Tode gezapfter Bäume und zu Tode gemarteter Menschen geflossen. Erst die Erfindung synthetischen Kautschuks als „Gegengift gegen den Blutkautschuk“ (Fischer 1938, 155) setzte diesem wohl düstersten Kapitel wirtschaftlicher Profitgier ein überfälliges Ende.

Für k-online.de Anlass zum Start einer Serie über die Volten und Hintergründe des „Kautschukkrieges“, betitelt „Von ‚Blutgummi‘ bis Buna“. Bewusst zugrunde gelegt wurden Quellen mit Zeitkolorit, die aus geringem historischem Abstand urteilen und zugleich Einblicke in ideologische Muster eröffnen, die für die „Kapitalismuskritik“ von links und von rechts symptomatisch sind.

Den Auftakt der Serie macht „Das große Gummi-ABC“. Es klärt die zentralen Begriffe, blendet das thematische Spektrum auf und soll Ihnen Appetit auf die Inhalte machen, die Sie in den kommenden Monaten erwarten. Keine bloße Vergangenheitsschau: Das Thema führt vor Augen, dass Globalisierung und „Land Grabbing“ Entwicklungen nicht erst unserer Tage sind, sondern eine Fortsetzung des Kolonialzeitalters mit anderen Mitteln. Vor allem aber lehrt es, dass nicht der Kautschuk als solcher, sondern „der Mensch […] Urheber der Schrecknisse“ (Jünger 1942, 197) gewesen ist – und dass es mithin an uns selbst liegt, dass Geschichte sich nicht wiederholt.