Von Elektronik, die sich nach Gebrauch einfach verdünnisiert
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Apropos K
Von Elektronik, die sich nach Gebrauch einfach verdünnisieren
Der neue Polymer-basierte Halbleiter lässt sich sogar auf einem Haar befestigen (Foto: Bao lab)
Elektronische Bauteile die flexibel einsetzbar und auch am Körper zu tragen sind und die nach dem Gebrauch spurlos verschwinden – der Einsatz leistungsfähiger und biologisch abbaubarer Kunststoffe macht's möglich. Wissenschaft an der Stanford University im US-Bundesstaat Kalifornien haben in Ansätzen eine Weg aufgezeigt, wie sich der Umgang mit Elektronikschrott in Zukunft besser gestalten lässt.
Mit einem Griff in die Kunststoff-Kiste entwickeln Wissenschaft der Stanford University Halbleiter, die unvergleichbar flexibel und robust im Einsatz sind – auch unmittelbar am menschlichen Körper – und die sich nach Gebrauch biologisch abbauen lassen und die sich schlichtweg in Luft auflösen: Bereits wenige Tropfen einer schwach sauren Essiglösung genügen, um das leitfähige Polymermaterial zu zersetzen und sich auflösen zu lassen. Heute schon arbeite man an interessanten Anwendungen des neuen Kunststoffs, berichtet Projektleiterin Zhenan Bao aus der Abteilung für Chemieingenieurwesen (Department of Chemical Engineering). Vor allem könnte ihre Entwicklung dazu beitragen, das globale Problem mit dem Elektroschrott besser in den Griff zu bekommen.
Immer mehr Elektronikmüll
Unser Leben wird mehr und mehr von Elektronik durchdrungen: Mobiltelefone und Smartphones sind für uns zu ständigen Begleitern geworden; viele können die kleinen Dinge kaum mehr aus der Hand legen. Autos fahren von selbst, ohne Eingreifen des Menschen – dank intelligenter Elektronik. Das Haus wird zur digitalen Burg, in der jeder Schritt und Tritt und jede Aktivität sensorisch überwacht und gesteuert wird. Und, nicht zuletzt, die zunehmende Nutzung alternativer Energiequelle, namentlich vor allem der Sonnenenergie, fördert den Einsatz von Elektronik in hohem Maß.
Einsatz von Elektronik doppelt problematisch
Der Einsatz von Elektronik ist uns Fluch und Segen zugleich. Es ist gut, wo auch immer man sich befindet, im Notfall Hilfe herbeirufen zu können. In früheren Zeiten war man darauf angewiesen, einen Münzfernsprecher ausfindig zu machen. Heute hat jeder ein Telefon direkt am Körper und es bleibt abzuwarten, wann uns die Kommunikationstechnik buchstäblich unter die Haut geht. Auf der anderen Seite birgt der Nutzen komplexer Elektronik Herausforderungen, über die sich zwar Wissenschaftler bereits seit geraumer Zeit Gedanken machen, deren Folgen allerdings noch nicht wirklich ins kollektive Bewusstsein gesickert sind:
Die Herstellung erfordert den Einsatz zum Beispiel seltener Erdmetalle. Deren natürliche Vorkommen schwinden dramatisch. Schon heute zeichnen sich Mangelzuständen ab.
Was nicht mehr funktioniert oder nicht mehr gebraucht wird, landet auf dem Müll. Einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) für Umweltprogramme zufolge, fielen in 2017 rund 50 Mio. Tonnen Elektronikabfälle an – 20 Prozent mehr als noch im Jahr 2015. Wie geht man damit um?
Im letztgenannten Punkt schwingt mehr oder weniger ein Lösungsansatz für den Umgang mit schwindenden Ressourcen mit: Wenn natürliche Rohstoffe fehlen, lässt sich idealerweise auf Ressourcen zurückzugreifen, die bereits verbaut wurden und inzwischen auf Mülldeponien ruhen.
Klingt so plausibel und simpel – ist es aber nicht. Bislang fehlen nämlich Verfahren und Methoden, die verbrauten Rohstoffe aus elektronische Geräten auf effiziente und wirtschaftliche Weise rückzugewinnen. Es steht zu vermuten, Recyclingexperten, die eine passable Lösung finden, werden sich absehbar eine goldene Nase verdienen.
Deponierung kann keine Lösung sein
Bilder gingen um die Welt, die Berge und riesige Flächen in Afrika zeigen, voller Elektronikschrott aus Europa und wo vielen Hände von dunkler Hautfarbe Elektronikschrott auszuschlachten – auf eine nicht weniger gesundheitsbedenklich wie auch umweltbeeinträchtigende Weise.
Hinzukommt kommt die Herausforderung des Umgangs mit Kunststoffen: Nahezu jedes elektronische Gerät enthält mehr oder weniger große Mengen Kunststoff, der sich nicht so ohne Weiteres entfernen und recyceln lassen.
Kurze Rede langer Sinn: Elektronikschrott erweist sich absehbar als wichtig Ressource für dringend benötigte Materialien. Doch bislang fehlt es an bezahlbaren technischen Möglichkeiten und der Initiative einer effizienten und nachhaltigen Auswertung.
Nicht Umdenken ist gefragt, sondern Neudenken
Wäre es in diesem Zusammenhang nicht sinnig und klug, über eine neue Art der Elektronik nachzudenken, eine, bei der sich die verbauten Metalle auf leichte Weise aus der Kunststoffmatrix herauslösen lassen und ohne das problematischer Müll zurückbleibt? Wissenschaftler der Stanford University im US-Bundesstaat Kalifornien haben hier durch Zufall einen Weg aufgezeigt:
Lösungswege aufzeigen
Und an diese Stelle kommen Zhenan Bao und ihr Team von Wissenschaftlern ins Spiel. Bei genauer Betrachtung mehr oder minder rein zufällig. Auf experimentellen Weise haben die Materialforscher versucht, die Funktionen menschlicher Haut nachzuahmen. Dabei gingen Überlegungen auch dahin, wie sich künftige elektronische Geräte entwickeln lassen. Initiiert wurde der Gedankenansatz durch das Eigenschaftsprofil von Haut, die dehnbar, selbstheilend und biologisch abbaubar ist. Und nicht zuletzt ist die Haut elektronisch leitfähig.
Im Rahmen früherer Studien gelang es der Chemieingenieurin und Materialwissenschaftlerin und ihrem Team, Halbleiter auf Basis leitfähiger Polymere herzustellen: Das Material ließ sich biegen und verdrehen und erlaubte es auch, mit der Haut oder inneren Organen des Menschen verbunden zu werden. Allerdings, von einer biologichen Abbaubarkeit konnte zu keiner Zeit die Rede sein. Das scheint heute anders...
Neuere Studien haben den Ansatz zu einer biologischen Abbaubarkeit des verwendeten Material aufgezeigt. Inzwischen ist dieser auch Schritt gelungen: unter Einsatz eines speziellen kunststoffs, der durch Modifikation auf molekularer Ebene die Beweglichkeit von Elektronen erlaubt – und damit leitfähig ist – und sich in Kontakt mit einer leichten Essigsäure, wie sie zur Zubereitung eines Salates verwendet wird, vollständig und rückstandslos auflöst.
Auf dem Weg zum kompletten elektronischen Bauteil
Leitfähigkeit ist die Voraussetzung für den Fluss elektrischer Ströme. Elektronik setzt allerdings auch und vor allem den Einsatz elektronischer Bauteile voraus. Die Bauteile, häufig aus Gold gefertigt, stellten Bao und Kollegen statt aus Gold aus Eisen her, das nicht nur kostengünstiger ist, sondern sich obendrein als umweltfreundlich und für den Menschen als ungefährlich herausstellt. Bao und Kollegen verankerten die Bauteile und das vernetzte leifähige Polymer auf einem Cellulose-haltigen Trägermaterial (Substrat). Die Wissenschaftler modifizierten das Papier allerdings, sodass es transpartent und flexibel wurde.
Das resultierende Produkt ist so dünn und beschaffen, dass es ohne Weiteres auf der Haut getragen werden kann, um dort zum Beispiel sensorische Aufgaben zu erfüllen, den Blutdruck, den Glykosewert oder den Schweißgehalt zu messen.
Ihre Art der Einweg-Elektronik könne sich dazu eignen, schlussfolgern die Wissenschaftler, weitreichende Funktionen am und implantiert im Körper zu erfüllen, ohne den Organismus zu belasten - auch dann nicht, wenn sich die Polymer und Papier beginnen aufzulösen oder vollständig aufgelöset zu haben. Die biologische Abbaubarkeit ihrer Entwicklung besitze erhebliches Potenzial für die Elektronik der Zukunft, sind die Wissenschaftler überzeugt.
In diesem Zusammenhang: Würde es gelingen, Mobiltelefone, Fernsehgeräte, andere polymerhaltige elektronische Produkte aus einem ähnlichen leicht auflösbaren Material herzustellen, genügt es künftig vielleicht, Altgeräte in eine Essiglösung zu tauchen, um den Kunststoff rückstandfrei zu entfernen und die verbauten elektronischen Bestandteile sauber und rein zurückzugewinnen ...