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01.06.2011

Welche Ansprüche müssen Reifen erfüllen?

Fest steht, dass die Erwartungshaltung extrem hoch ist, und das ist auch gut so, schließlich geht es um die Sicherheit aller. Das Anforderungsprofil entspricht den Aufgaben eines Reifens und teilt sich in vier Bereiche: Zum einen sollten Reifen in jeder Hinsicht wirtschaftlich sein, das heißt billig in der Anschaffung und langlebig; sie müssen einen möglichst niedrigen Rollwiderstand haben, um Sprit zu sparen, und außerdem rundumerneuerbar sein. Der zweite Punkt ist für die meisten Autofahrer von besonderer Bedeutung: Komfort. Dieses Gefühl: Was könnte schöner sein, als mit allen vier Rädern satt auf der Straße zu liegen, die Reifen gleiten schier unmerklich über den Asphalt, im Fahrzeuginnern ist nichts davon zu hören, wie sich das Profil seinen Weg bahnt. Die Akustik ist ebenfalls in Bezug auf die Umweltverträglichkeit wichtig. Es wäre nicht zum Aushalten, würden sich Reifen wie gedämpfte Panzerketten auf dem Straßenbelag anhören.

Der Materialverbrauch sollte bei der Herstellung von Reifen möglichst gering zu sein - Thema: Responsable Care, Schutz von knappen Ressourcen usw. Gleichzeitig sollte man bereits bei der Geburt eines Reifens über die Zeit seines Ablebens hinaussehen: Was tun, wenn er nicht mehr runderneuerbar ist, zum Altgummi gehört. Recycling ist gerade bei Reifen wichtig. Der vierte und letzte Punkt betrifft die Fahrzeugsicherheit. Reifen müssen witterungsbeständig und den beim Fahren entstehenden Belastungen gewachsen sein. Darüber hinaus muss sich ihr Fahrverhalten in bestimmter Weise jedem Wetter anpassen. Hier hat die Chemie Entscheidendes geleistet.

Reifenaufbau

Von außen betrachtet könnte der Eindruck entstehen, der Autoreifen sei aus einem Guss gemacht - mit Ausnahme der Felge natürlich. Irrtum! Wie so oft im Leben trügt hier der Schein. Der Reifen ist nämlich alles andere als im wahrsten Sinne des Wortes ein Stück Gummi. Außerdem: Bei der Konstruktion eines Autoreifens kommt es auch nicht nur darauf an, dass ein Wagen rollend von der Stelle kommt. Der Reifen ist eine wesentliche Sicherheitskomponente am Fahrzeug. Daraus resultiert nur eine einzige Feststellung: Reifenbau ist Präzisionsarbeit.
Der Aufbau eines modernen Stahlgürtelreifens ist bei allen Herstellern im Prinzip gleich. So sind zum Beispiel in allen Autoreifen rund 16 verschiedene Gummimischungen enthalten, dazu synthetische Materialien wie Kevelar, Nylon, Rayon und Stahlcord im festen Verbund. Die markenspezifischen Unterschiede liegen somit höchstens im Detail.
Wie bereits erwähnt, besteht der Reifen, so wie wir ihn kennen, aus verschieden Schichten. Das heißt auch, dass sie nicht wie in einer Kuchenform gebacken, sondern aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt werden, die dann in der Vulkanisationsform ihre endgültige Form erhalten. Es gab Versuche, bei denen Reifen aus Polyurethan aus einen Stück hergestellt wurden, doch diese waren für Automobile nicht geeignet.

Wulst

Die Basis eines Reifen, das was hinter der Felge klemmt, bildet der Wulst mit seinem Drahtkern. (In Fachkreisen spricht man auch von Reifenfuß.) In der Regel bekommt man ihn bei einem Autoreifen eher selten zu Gesicht. Wer jedoch einmal einen Fahrradreifen wegen eines Plattfußes hat wechseln müssen, kennt ihn. Der weiß auch, wie schwer es ist, wenn der Schlauch einmal geflickt, wieder eingelegt und etwas aufgepumpt ist, diese Wulst, wieder auf die Felge zu bringen. Die starke Spannung, die dahinter steckt, hat ihren Sinn: Sie sorgt dafür, dass der Reifen während des Fahrbetriebs fest auf der Felge sitzt.

Seitenwand

Will man in ein Fahrzeug durch die Fahrer- oder Beifahrertüre einsteigen, erblickt man unschwer die Seitenwand des Reifens. Mit der Reifenflanke, einem sehr empfindlichen Teil des Reifens, sind Fahreigenschaften und Komfort beeinflussbar: Beim forschen Überfahren eines Bordsteins zum Beispiel, werden hier liegende Karkassfäden gequetscht und brechen sofort oder später. Außerdem ist die Seite dafür da, um alle Informationen über den Reifen aufzunehmen (2. B. 155/55 R 13).
Die Seitenwand ist mit Stahl verstärkt und in Höhe des Felgenansatzes mit Gummi verstärkt, damit soll der Unterbau vor Verletzungen geschützt werden.

lnnengummi

Ginge der Blick von innen durch den Reifen hindurch, müsste er zuerst das lnnengummi durchstoßen. Das lnnengummi ersetzt beim Reifen den Schlauch - damit sind also schlauchlose Reifen gemeint. Diese Gummischicht sorgt für die Abdichtung des luftgefüllten Innenraumes, der vom Reifen und der ebenfalls völlig dichten Felge gebildet wird.

Karkasse

Als nächstes stieße das Auge auf die Karkasse. Sie ist wesentlicher Bestandteil des tragenden Reifenunterbaus. Sie soll die Stabilität des Reifens bei erhöhtem Luftdruck gewährleisten, Mit anderen Worten: Die Karkasse verleiht Festigkeit und sorgt für den Zusammenhalt. Die gummierten Cordfäden (früher aus Baumwolle, heute meist aus Kunstfasern, im wesentlichen Rayon) liegen in einer oder mehreren Lagen und radial, also im rechten Winkel zur Laufrichtung (daher auch die Bezeichnung: Radialreifen, was mit einem Gürtelreifen gleichzusetzen ist). Die früher üblichen und heute kaum mehr anzutreffenden Diagonalreifen hatten eine ein- oder mehrlagige Karkasse, deren Fäden in verschiedenen Winkeln (diagonal) von Wulst zu Wulst verliefen. Und Diagonalreifen hatten keinen Gürtel unter der Lauffläche.

Gürtel

Wäre das Auge ein Messer, stieße es bei der nächsten Schicht auf erheblich mehr Widerstand als bei den bisherigen: Der Gürtel, meist aus verdrillten Stahldrähten (Stahlcord) aufgebaut, verläuft unter der Lauffläche rund um den Reifen. Er dient dazu, den Rollwiderstand zu verringern und die Schnelllaufeigenschaften zu verbessern. Es gab und gibt zwar auch andere Gürtelmaterialien aus Textil- oder Glasfiberfäden sowie Aramidfasern (Kevelar) und Kombinationen, doch der Stahlgürtel hat sich weitgehend durchgesetzt. Anders als die Karkasse liegen die Fäden des Gürtels im spitzen Winkel zur Laufrichtung des Reifens.

Lauffläche /Profil

Weiter auf der Reise durch einen Reifen lassen wir nun den Gürtel hinter uns und stoßen prompt an die Grenze des kleinen Kautschukuniversums und der Blick auf die Straße ist nur noch durch die Lauffläche blockiert: sie ist der am meisten beachtete Teil des Reifens, zuständig für die Kraftübertragung auf die Straße, sei es beim Anfahren oder beim Bremsen. Außerdem schützt sie die Karkasse gegen Abrieb und Zerstörung.

Wie die Oberfläche eines Reifens, das heißt sein Profil aussieht, hängt ganz vom Einsatz des Pneus ab. Zum Beispiel: Der Renn-slick, wie er etwa bei Formel-1-Rennen genutzt wird, hat so gesehen kein Profil. Lediglich kleine Löcher oder Einkerbungen dienen als Abnutzungsindikatoren. Für den Einsatz auf absolut trockenen Straßen mögen sie das Mittel der Wahl sein. Wenn es dann aber feucht zugeht, ein kurzer Schauer würde dafür genügen, gerät der Fahrer solcher Slicks im wahrsten Sinne des Wortes ins Schwimmen: Zwischen der Lauffläche des Reifens und dem Straßenbelag bildet sich ein Flüssigkeitsfilm, man sagt, der Reifen hat keine Traktion mehr, kann deshalb auch keine Kräfte übertragen und schwimmt sofort auf - Aquaplaning ist die Folge und Lenken nicht mehr möglich, der Crash ist vorprogrammiert. Angemerkt: Viele von der Polizei bei allgemeinen Fahrzeugkontrollen bemängelten Reifenprofile ließen eher den Schluss zu, der Fahrer habe davon geträumt, einmal wie Michael Schumacher Formel-1-Pilot zu werden. Zum Glück aber haben die meisten für den Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeuge zumindest in Deutschtand ein ausreichendes Profil, das bei Regen Wasser aus der Laufflächenmitte durch Rillen, Einschnitte und Lamellen nach außen befördert; nur bei überhöhter Geschwindigkeit oder extrem starken Regen kann es zu Aquaplaning kommen, wenn die Wassermenge unter dem Reifen ein bestimmtes Maß überschreitet, eben nicht durch die dafür vorgesehenen Kanäle im Profil fortgeschafft werden kann.

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