„Die wenigsten Menschen wissen, dass Pilze heute schon eine große Rolle bei der Produktion von Enzymen in verschiedenen Industrien spielen“, erklärt Philipp Benz. „Dazu gehört die Produktion von Lebensmitteln, Waschmitteln, Papier, Kraftstoffen, Medikamenten und weiteren Produkten der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Unser heutiger Lifestyle ist daher ohne Pilzbiotechnologie undenkbar, auch wenn dies den meisten Menschen nicht bekannt ist.“ Vera Meyer ergänzt: „Umso wichtiger, dass wir jetzt im Weißbuch detaillierter beschreiben, welche potenziellen Sprunginnovationen der Pilzbiotechnologie uns nun als Nächstes erwarten. Wir halten es für ein realistisches Szenario, dass wir in naher Zukunft auch Textilien, Verpackungen, Möbel und selbst Baustoffe mit Hilfe von Pilzen herstellen können. Und dies auf Basis von nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen aus der Agrar- und Forstwirtschaft.“
Die Entwicklung von neuen Produkten und auch Produktionsprozessen ist äußerst komplex und erfordert große interdisziplinäre Anstrengungen und weitreichende Investitionen. Ein Ziel des Weißbuchs ist es daher, die Öffentlichkeit, Lehrende, Entscheider*innen in Politik und Wirtschaft sowie Wissenschaftler*innen anderer Disziplinen zu informieren, welches zukunftweisendes Innovationspotenzial in der Pilzbiotechnologie steckt. So informieren die Forscher*innen in dem Weißbuch insbesondere darüber, dass diese Biotech-Branche mit der Entwicklung weiterer rohstoffbasierter Produkte und Wertstoffe zur Erreichung von zehn der 17 Nachhaltigkeitsziele beitragen kann, die von den Vereinten Nationen formuliert worden sind. Dazu gehören unter anderem die Produktion von ausreichenden Nahrungsmitteln für die Weltbevölkerung, sauberes Wasser, erschwingliche und saubere Energie aus nachwachsenden Rohstoffen und auch der Schutz des Klimas. Beispielsweise werden für die Herstellung von einem Kilo Baumwolle 10.000 Liter Wasser benötigt. Die gleiche Menge Textilien aus Pilzen verbraucht nur 100 Liter. Verbundstoffe, die biotechnologisch aus Pilzen und pflanzlicher Biomasse wie Stroh oder Holzspänen gewonnen werden, und in der Baustoffindustrie eingesetzt werden könnten, produzieren bei der Herstellung ungleich weniger CO2 als herkömmliche Baustoffe wie Beton und sind nach Gebrauch auch noch kompostierbar.