Bei Polyamiden handelt es sich um Amine, organische Substanzen aus Säuren und Ammoniakderivaten, die infolge Polymerisation lange, stabile Kohlenstoffketten bilden. Sie weisen hohe Schmelzpunkte auf, die eine Weiterverarbeitung erschweren. Carothers Bestreben war es daher, eine Superpolyamidfaser zu entwickeln, deren Schmelzpunkt niedrig genug für das Verspinnen in großen Mengen, aber auch robust genug für den textilen Gebrauch ist, nicht zuletzt chemischer Reinigung standhält. Ein Vorhaben, das zuerst Donald Coffman, einer von Carothers’ Assistenten, im Mai 1934 erfolgreich in die Tat umsetzte. Die Rezeptur der neuen Substanz war allerdings derart kostspielig, dass die Suche nach einem erschwinglichen Rayonersatz fortgesetzt werden musste. Ende Juli 1934 synthetisierte Wesley Peterson ein Polyamid, das wegen der fünf Kohlenstoffe in seinem Ammoniakanteil und der zehn Kohlenstoffe in seinem Säureanteil „Polymer 5-10“ genannt wurde. Carothers wähnte sich am Ziel, doch die DuPont-Chefs zogen nicht mit, weil sich auf der Zutatenliste u. a. Rizinusöl befand. Bis dato war das Öl des tropischen Rizinussamens ein Billigprodukt, in Gebrauch lediglich als übelschmeckendes Abführmittel. Die Verwendung für die Polyamidproduktion, so die Befürchtung der DuPont-Strategen, würde die Nachfrage nach Rizinus und damit auch den Marktpreis derart in die Höhe treiben, dass das Geschäft mit der neuen Kunstfaser schon bald unrentabel werden dürfte. Die Gewinnerwartung war hoch, also mussten die Produktionskosten niedrig gehalten werden, angefangen bei den chemischen Ingredienzien. Carothers’ Team wurde folglich wieder zurück ins Labor geschickt. Nach weiteren Monaten systematischen Experimentierens stellte schließlich Gérard Berchet, rekrutiert von der Universität Colorado, aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure am 28. Februar 1935 das „Polymer 6-6“ her (jede der beiden Ausgangsverbindungen weist sechs Kohlenstoffatome auf). Qualitativ war es dem „Polymer 5-10“ zwar nicht ebenbürtig und musste überarbeitet werden, befand Carothers. Trotzdem wurde es favorisiert – spätestens nachdem Ammoniakspezialisten im DuPont-Werk Belle/West Virginia ein Verfahren entwickelt hatten, große Mengen des seltenen Hexamethylendiamins aus der gängigen Adipinsäure zu gewinnen.
In der Folgezeit wurden über 200 technische Experten hinzugezogen, um die „Faser 66“, wie sie vorerst genannt wurde, zu optimieren. Zunächst einmal musste sie aus absolut reinen Zutaten hergestellt und bei präzise kontrollierter Temperatur geschmolzen werden, um Abscheidungen zu vermeiden. Daran schloss sich das sogenannte Schmelzspinnverfahren an: Die heiße Polyamidschmelze wird gefiltert und in eine Spinndüse gepumpt. Der entstehende Faden wird „verstreckt“, kühlt dabei in Sekundenbruchteilen ab und wird reißfest. Dann wird er gleichmäßig aufgewickelt, appretiert, d. h. mit einem Material beschichtet, das ihn vor mechanischen Beanspruchungen während der Textilproduktion schützt, und schließlich gefärbt. Damals stellte jeder dieser Produktionsschritte die Ingenieure vor neue Probleme – und vertiefte ihre Bekanntschaft mit der, wie sie es ausdrückten, launischen Faser. Ließ sie sich anfangs nur zehn Minuten am Stück spinnen, brachte man es 1937 schon auf 82 Stunden. Nachdem schließlich die erste Charge in der „Experimental Station“ selbst produziert worden war und man die „Faser 66“ in „Nylon“ umgetauft hatte (siehe „Wie Nylon zu seinem Namen kam“), baute DuPont für 8,5 Millionen US-Dollar in Seaford/Delaware eigens eine Nylonfabrik. Diese nahm am 12. Dezember 1939 den Betrieb auf, als der Zweite Weltkrieg die Seidenlieferungen aus Japan einzuschränken begann und schließlich ganz abbrechen ließ.