Die Welt denkt um. Der Trend geht zu mehr Nachhaltigkeit – eine Veränderung, die auch die Modebranche betrifft. Aber wie können beispielsweise Schuhe, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend Kunststoff enthielten, nachhaltiger gestaltet werden? Polyurethan-Hersteller Covestro wagt zusammen mit dem brasilianischen Schuhhersteller Calçados Beira Rio den Versuch.
Bereits 2019 trafen sich die technischen Teams von Beira Rio und Covestro und beschlossen eine Zusammenarbeit – ein logischer Schritt, wenn man bedenkt, dass moderne Schuhen immer mehr Kunststoffe enthalten. Kunststoffe, die mitunter nicht gerade für ihre Nachhaltigkeit bekannt sind, beispielsweise wegen des Abriebs der Sohlen: Durch den Abrieb landen die Kunststoffe in der Natur, ohne dass sie vernünftig recycelt werden können. Ganz im Gegensatz zu diesem Vorurteil zeigen die neuen Konzeptschuhe, dass ein nachhaltiger Ansatz und ein modisches Erscheinungsbild sich nicht gegenseitig ausschließen: "Das Projekt ist ein wichtiger Schritt für die Branche und uns, denn es beweist, dass auch in der schnelllebigen Modeindustrie nachhaltigere Lösungen mit viel Designfreiheit funktionieren und die gleiche oder sogar bessere Leistung bringen als die derzeit verwendeten", sagt Dr. Frank Rothbarth, Trade Media Communications Manager bei Covestro.
So sind in der Kooperation ein eleganter Pumps sowie ein Freizeitschuh entstanden, die auf alternativen Rohstoffen wie beispielsweise Kunststoffabfällen basieren. Diese werden in den Schuhen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwendet und landen somit nicht einfach als Abgas in der Umwelt. Das Innenfutter beider Schuhe soll einerseits eine gute Passform bieten und andererseits für ein weiches Auftreten des Fußes sorgen. Normalerweise wird dafür ein konventioneller Schaum verwendet. Statt diesem kommt in den Konzeptschuhen ein neuer Schaum zum Einsatz: cardyon® heißt der Stoff, aus dem weiche Fußbetten gemacht sind. Dieses Vorprodukt enthält zwanzig Prozent Kohlendioxid und ersetzt so einen Teil der fossilen Rohstoffe, die bisher verwendet wurden – die guten Eigenschaften eines konventionellen Schaums für Sitz und Bequemlichkeit bleiben in cardyon® aber erhalten.
In der Außensohle der Schuhe ist neben cardyon® ein Thermoplastisches Polyurethan (TPU) enthalten, dessen Kohlenstoffgehalt zu 60 Prozent aus Biomasse stammt. "Damit weisen beide Produkte einen geringeren CO2-Fußabdruck als fossil-basiertes TPU auf und tragen dazu bei, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen", erläutert Rothbarth. Auch recycelte Kunststoffe finden in den Schuhen eine neue Bestimmung. "So werden etwa gebrauchte Produkte aus Polycarbonat zerkleinert, gereinigt, eventuell mit neuem Kunststoff gemischt und als rezykliertes Material wieder eingesetzt", führt er aus. So verwendet, geben sie den Pumps in der Innensohle und im Absatz dauerhafte Festigkeit.
In erster Linie geht es bei der Produktion von modischen Accessoires darum, dass sie den Kunden zusagen – auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Darüber hinaus ist Beira Rio aber auch bestrebt, die hygienischen Bedingungen in der Produktion zu verbessern. Daher kommen bei den neuen Schuhen vermehrt wässrige Rohstoffe zum Einsatz, die im Vergleich zu den vorher eingesetzten lösemittelbasierten Substanzen weniger organische Komponenten in die Luft ablassen. Auf solchen wässrigen Rohstoffen basiert auch die INSQIN®-Technologie, die für eine nachhaltigere Textilbeschichtung entwickelt wurde und daher wie gemacht ist für das Innenfutter, Obermaterial und (im Falle der Pumps) den Absatz der Schuhe. Auch der Klebstoff der Schuhe wurde durch eine nachhaltigere Variante ersetzt: "Im Obermaterial und in der Außensohle beider Schuhe sorgen wässrige Klebstoffe mit der Polyurethan-Dispersion Dispercoll® U für die nötige Festigkeit", erklärt Rothbarth.
Wie in jeder Branche muss auch in der Modebranche ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit stattfinden. Mit innovativen Ideen, wie sie bei Covestro Anwendung finden, ist mindestens ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Das durch die Kooperation neu erworbene Wissen möchte Covestro zukünftig weitläufig in den Markt einbringen, sagt Rothbarth: "Wir würden gern auch mit anderen Kunden und Schuhherstellern zusammenarbeiten, um mit ihnen gemeinsam innovative Konzepte zu entwickeln und damit die Nachhaltigkeit der Branche und der Wertschöpfungskette deutlich zu verbessern." Und möglicherweise sind die Konzept-Schuhe auch ein Vorbild für andere Hersteller, denn sie zeigen: Nachhaltigkeit und Mode können Hand in Hand gehen.