Und vom Grad der positiven Auswertung im Vergleich mit unseren eigenen Legierungen waren wir dann doch selbst überrascht. Damit bestätigt sich, was man auch schon im Studium der Werkstoffwissenschaften lernt: dass der Verschleißschutz nicht nur von der Makrohärte abhängt, sondern vom gesamten Gefüge.
Weshalb setzen nicht auch andere Anbieter in ihren Nickelbasis-Legierungen auf größere Carbide?
Rottstegge: Vielleicht, weil der gesamte Herstellprozess, mit dem sich zum Beispiel die gewünschte Oberflächengüte und die geforderten Durchmessertoleranzen erreichen lassen, bei großen Carbiden besonders schwierig und aufwendig ist. Wir haben uns wegen des Nutzwerts für den Einsatz großer Carbide entschieden und dann den Herstellprozess darauf optimiert. Hier haben wir den großen Vorteil, dass wir zum Beispiel die Oberflächenbearbeitung der Verschleißschutzschicht (Honen) exakt auf die Anforderungen abstimmen konnten, weil wir die Werkzeuge selbst entwickeln und herstellen. Auch das ist ein Kernprozess der Reifenhäuser Reiloy!
Bis jetzt haben wir von den Nickelbasis-Legierungen gesprochen. Wie sieht es mit der Härte als Vergleichsgröße im eisenbasierten Bereich aus?
Rottstegge: Da ist es ganz ähnlich. Auch hier haben wir uns gefragt, warum unsere Eisenbasis-Legierungen bei gleich Härte nachweisbar längere Zylinderlebenszeiten ermöglichen. Und dann in genauen Mikrostrukturanalysen, EDX-Analysen der chemischen Zusammensetzung und vor allem in Mikrohärtemessungen herausgearbeitet, dass es an der fast schon keramischen Schicht liegt, die andere Legierungen nicht haben.
Können Sie das etwas näher erläutern?
Rottstegge: Es handelt sich hier um keramische Phasen in Verbindung mit Bor und Kohlenstoff – vor allem auf Chrom-Basis –, die sich während des Gussprozesses aus der Schmelze bilden. Dabei zielt unser Konzept darauf ab, einen Schutzschild aus keramischen Phasen aufzubauen. Diese Phasen sind noch in einer Metallmatrix eingebunden, belegen aber ein großes Volumen. Das heißt, die Schicht besitzt eine hohe Härte aber noch ausreichend Elastizität. Darauf ist der gesamte Prozess ausgerichtet. Damit genau die keramischen Phasen entstehen, die wir haben wollen, müssen Zusammensetzung, Prozesstemperaturen und -zeiten exakt eingehalten werden. Das Prozessfenster ist sehr schmal und muss genau kontrolliert werden. Dafür, dass wir es immer zuverlässig treffen, sorgt das spezielle Reiloy Schleuderverfahren, das wir optimal darauf angepasst haben und auf eigens entwickelten Maschinen durchführen.