Global Recycling Day: der Status Quo im Kunststoffrecycling

Müllmengen nehmen zu, natürliche Ressourcen sind begrenzt und die Umwelt steht vor großen Herausforderungen. Recycling ist ein wichtiger Baustein der Lösung – aber wo stehen wir eigentlich? Zum Global Recycling Day am 18. März werfen wir einen Blick auf Fortschritte, Herausforderungen und notwendige Veränderungen in der Kunststoffindustrie.

Jedes Jahr am 18. März rückt der Global Recycling Day das Thema Kreislaufwirtschaft in den Fokus. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung des Recyclings zu schärfen und Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben. Besonders in der Kunststoffindustrie ist das Thema aktueller denn je. Dennoch bestehen weiterhin Herausforderungen:

Die Qualität von Rezyklaten ist oft unzureichend für hochwertige Anwendungen. Viele Produkte erfordern makellose Materialien, doch recycelte Kunststoffe weisen teilweise noch Schwächen auf. Zudem erschweren ineffiziente Sammelsysteme eine saubere Trennung von Wertstoffen. Unterschiedliche Standards und mangelnde Infrastruktur verhindern eine optimale Rückführung von Kunststoffen in den Produktionskreislauf. Schließlich bleibt auch die Wirtschaftlichkeit ein Problem: Solange Neuware günstiger ist als Rezyklate, entscheiden sich viele Unternehmen gegen recycelte Materialien.

Moderne Technologien treiben das Kunststoffrecycling voran und helfen, Effizienz und Qualität zu verbessern. Drei zentrale Bereiche sind dabei besonders vielversprechend:

Fortschrittliche Sortieranlagen nutzen KI, um Kunststoffe präziser zu erkennen und effizienter zu trennen. "Neue Sortieranwendungen werden ermöglicht und bestehende können mit einer höheren Zuverlässigkeit ausgeführt werden", erklärt Michael Köster, Sales Manager Waste Recycling Division bei STEINERT GmbH im Interview mit dem K-Mag.

Auch PolyPerception setzt auf KI-Modelle zur Optimierung der Sortierprozesse: "Unsere Systeme ermöglichen eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung der Reinheit des Outputstroms, was die Effizienz und die Einhaltung der Vorschriften erheblich verbessert", sagt Co-Founder Parshva Mehta im Exklusivinterview. Ein Beispiel aus der Praxis ist das Entsorgungsunternehmen Indaver, das in Belgien mit KI-gestützten Systemen arbeitet, um die Rückgewinnungsrate von Kunststoffverpackungen signifikant zu erhöhen.

Um die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen von Beginn an zu verbessern, setzen Unternehmen auf neue Materialien und geschlossene Kreislaufprozesse. Ein Beispiel ist ein neu entwickelter Kaschierkleber, der erstmals eine effektive Materialtrennung während des Recyclingprozesses ermöglicht und damit wertvolle PET-Fraktionen zurückgewinnt.

HolyPoly verfolgt mit seiner Closed-Loop Factory einen ganzheitlichen Ansatz und berücksichtigt bereits in der Designphase, wie Produkte später recycelt werden können. https://www.k-online.de/de/k-mag/recycling/kunststoff-holypoly-closed-loop-factory

Digitale Plattformen helfen, Transparenz in die Materialströme zu bringen und das Recycling effizienter zu gestalten. Das CYCLOPS-Tool bietet Unternehmen detaillierte Daten über recycelte Materialien und hilft, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. "Die Digitalisierung ist entscheidend, um den oft unterbrochenen Informationsfluss zwischen den Akteuren der Kreislaufwirtschaft wiederherzustellen", erklärt Dr. Jan Werner vom SKZ im K-Mag-Interview.

Diese Fortschritte zeigen, dass Recycling mehr ist als nur ein Sammel- und Verarbeitungsprozess – es erfordert eine enge Verzahnung von Technologie, Design und digitaler Infrastruktur.

Recycling ist ein zentraler Baustein der Kreislaufwirtschaft – doch welche Methode ist die richtige? Während das mechanische Recycling eine etablierte Methode bleibt, gewinnt das chemische Recycling an Bedeutung. Beide Verfahren haben ihre eigenen Stärken und Herausforderungen und sollten idealerweise nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung betrachtet werden.

"Es gibt hier kein entweder/oder, sondern immer nur ein sowohl/als auch", betont Prof. Dr. Manfred Renner vom Fraunhofer UMSICHT.

OMV und das Start-up Cyclize setzen auf chemische Recyclinganlagen. Cyclize verwendet ein Plasma-basiertes Verfahren, das Kunststoffabfälle in wertvolles Synthesegas umwandelt und damit eine nachhaltige Alternative zu fossilen Rohstoffen bietet.

Gleichzeitig warnt Michael Ludden, Geschäftsführer der Sutco Recycling GmbH, davor, dass chemisches Recycling mechanische Verfahren nicht verdrängen darf: "Wenn jetzt auch die chemischen Recycler das Material verwenden, das die mechanischen Recycler sehr gut verarbeiten können, kommt es zu einer Kannibalisierung der Stoffströme. Das muss unbedingt verhindert werden".

Beide Methoden haben ihre spezifischen Einsatzbereiche: Mechanisches Recycling eignet sich besonders für saubere, sortenreine Kunststoffabfälle, während chemisches Recycling eine Lösung für schwer recycelbare, verunreinigte oder komplexe Kunststoffmischungen bietet.

Trotz technischer Fortschritte gibt es nach wie vor große Herausforderungen:

Wirtschaftliche Hürden: Rezyklate sind häufig teurer als Neuware, was ihre Nutzung für Unternehmen unattraktiv macht. Die höheren Kosten entstehen unter anderem durch aufwendige Sortier- und Reinigungsprozesse sowie begrenzte Verfügbarkeit hochwertiger Rezyklate.

Regulatorische Unsicherheiten: Einheitliche gesetzliche Vorgaben fehlen in vielen Regionen, was Unternehmen daran hindert, langfristig in Recyclingtechnologien zu investieren. "Wenn etablierte Wertschöpfungsketten in eine funktionierende Kreislaufwirtschaft überführt werden sollen, geht das nicht ohne politische Leitplanken", betont Prof. Dr. Manfred Renner.

Technologische Grenzen des mechanischen Recyclings: Zwar ermöglicht mechanisches Recycling eine direkte Wiederverwertung von Kunststoffen, doch Materialqualität und Einsatzmöglichkeiten sind oft begrenzt. "Das mechanische Recycling stößt an seine Grenzen: Die Qualität der Materialien und auch die Einsatzmöglichkeiten der so gewonnenen Wertstoffe reduzieren sich stetig – Downcycling ist eben nicht beliebig wiederholbar", erklärt Dirk Hardow von SÜDPACK im exklusiven Interview. 

Verbesserung der Sortierprozesse: Neue Sensortechnologien ermöglichen eine präzisere Polymersortierung und können die Recyclingquote erheblich steigern. Besonders im Bereich der Wiederverwertung von Kunststoffen aus Elektroschrott wurden durch verbesserte Identifikationsmethoden bereits große Fortschritte erzielt. Gleichzeitig zeigt das SpecReK-Projekt von BASF, dass durch spektroskopische Messtechniken und KI die Qualität von mechanisch recyceltem Kunststoff erheblich verbessert werden kann.

Fehlende wirtschaftliche Anreize: Der Markt für Recyclingkunststoffe könnte durch gezielte Förderprogramme und gesetzlich verankerte Rezyklatquoten angekurbelt werden.

Diese Maßnahmen würden Unternehmen motivieren, vermehrt auf recycelte Materialien zu setzen und in entsprechende Technologien zu investieren.

Der Global Recycling Day erinnert daran, dass Recycling allein nicht ausreicht – eine funktionierende Kreislaufwirtschaft erfordert die Zusammenarbeit von Industrie, Politik und Verbrauchern. Unternehmen müssen verstärkt in innovative Recyclingtechnologien investieren und Politik sollte klare gesetzliche Rahmenbedingungen sowie finanzielle Anreize schaffen. Auch Verbraucher sind gefordert: Bewusstere Kaufentscheidungen und eine bessere Mülltrennung tragen entscheidend zum Erfolg bei. Nur wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, kann Recycling zu einem echten Erfolgsmodell werden.