Im Projekt All-Polymer haben Sie genau das erforscht. Was waren die Ziele?
Rathgeber: Das Ziel von All-Polymer ist die Aufwertung von Sekundärkunststoffen mittels kosten- und energieeffizienter unidirektionaler (UD) faserverstärkter Bänder (UD-Tapes), die entweder mittels eines additiven Tape-Legeverfahrens zur lokalen Verstärkung auf einem Bauteil aufgebracht oder als Einleger in Spritzguss- oder Pressverfahren in einem Bauteil integriert werden. Anstelle energie- und kostenintensiv hergestellter Glas- und Carbonfasern besteht der innovative Ansatz vielmehr darin, Kunststofffasern, zu verwenden. Diese können außerordentlich energieeffizient hergestellt werden, sind sortenrein und komplett recyclebar.
Wie sind Sie bei Ihrer Forschung vorgegangen?
Rathgeber: Das Potenzial, Rezyklate einer Anwendung in einer anderen hochwertigen Anwendung einzusetzen, wurde anhand von Anwendungsfällen aus unterschiedlichen Branchen untersucht. Hierbei haben wir uns auf wichtige Schlüsselbranchen wie Automotive (Röchling Automotive), Logistik (Infinex Holding) sowie Land-, Forst- und Bauwirtschaft (Hahn Kunststoffe) fokussiert. Das Start-up A+ Composites stellt die laut Faser-Hersteller DSM weltweit einzigartigen UD-Tapes mit der Kunststofffaser Dyneema® her.
Durch die Untersuchung der Tape-Bauteil-Haftung sowie mittels mechanischer Charakterisierungen konnten die Anforderungen für die verschiedenen Anwendungsfälle identifiziert und die UD-Tapes und Bauteileigenschaften angepasst werden. Die Verbindung zwischen Bauteil und UD-Tape wurde je nach Anwendungsfall mittels eines Schweiß- oder Pressverfahren hergestellt. Beide Prozesse konnten durch die Kooperation wesentlich verbessert und an die Anforderungen der Bauteile angepasst werden. Stabile Prozesse, die zu gut haftenden Tapes führen, wurden realisiert.
Eine Betrachtung der ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen durch die Technische Universität Kaiserlautern (Lehrstuhl für Sustainability Management) unterstützte die technische Entwicklung. Der Status quo der teilnehmenden Unternehmen bei der Kreislaufwirtschaft konnte durch eine begleitende Zirkularitätsbewertung erfasst werden. Darüber hinaus wurden Potenziale aufgezeigt, durch die die Projektteilnehmenden sich zukünftig noch nachhaltiger aufstellen können. Für einen der Anwendungsfälle wurde zudem eine Lebenszyklusanalyse inklusive CO2-Bilanz erstellt.