Welche Schritte braucht es noch, bis Sie von der Laborphase wirklich in die Umsetzung gehen können?
Dr. Plajer: Eine Herausforderung ist sicherlich die Länge der Ketten: unsere Polymere sind noch nicht lang genug. Wir wissen, dass wir diese Produkte herstellen können und dass sie die Möglichkeit zum chemischen Recycling bieten, aber die Ketten sind noch nicht sonderlich lang. Da sind wir aktuell eine Größenordnung unter dem, was andere Kunststoffe zeigen, was kommerzialisierbar wäre. Hier müssen wir also den chemischen Herstellungsprozess der Polymere verbessern.
Die andere Herausforderung ist der Preis: Noch können unsere Produkte einfach nicht mit anderen Kunststoffen konkurrieren, und auch das Recycling lohnt sich finanziell teilweise noch nicht, weil die Preise für nicht-nachhaltige Polymere so niedrig sind. Die Herstellung unserer Grundbausteine muss also günstiger werden, um konkurrieren zu können.
Wo sehen Sie im Alltag die größten Potenziale für den Einsatz von diesen neuen fluorierten Polymeren?
Dr. Plajer: Das ist keine ganz leichte Frage, denn eigentlich benutzen wir Kunststoff ja gerade deshalb so gerne, weil er nicht abbaubar ist, beispielsweise für Goretex-Kleidung oder Herzklappen aus Teflon. Ich sehe den Nutzen unserer Produkte am ehesten bei kurzlebigen Anwendungen, zum Beispiel als Beschichtung. Noch sind unsere Anwendungen aber nicht kommerzialisierungsfähig. Unser zentrales Anliegen ist, den Recyclinggedanken und das Nachhaltigkeitskonzept von Fluor zu überdenken. Denn wenn sich fluorierte Chemikalien so schlecht abbauen lassen und es dafür keine Recyclingstrategie gibt, dann gehen diese Chemikalien einfach zurück in die Natur und können nicht mehr zurückgewonnen werden. Deshalb müssen wir damit verantwortungsbewusst umgehen.
Wie sehen Sie die Zukunft der florierten Polymere in Bezug auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, besonders wenn man auf die aktuelle Kritik an ewigen Chemikalien blickt?
Dr. Plajer: Es gibt Spezialanwendungen, da wird man florierte Chemikalien nicht ersetzen können: Teflon in einer technischen Dichtung oder Nafion in der Brennstoffzelle sind mit dem momentanen Stand der Technik nicht ersetzbar. Dann wiederum gibt es auch Anwendungen, da sind diese fluorierten Substanzen unnötig – bei Pizzakartons oder Zahnseide zum Beispiel. Hier könnten auch abbaubare Alternativen genutzt werden, die einerseits natürlich noch den Vorteil der Fluorierung mit sich bringen, aber auch die entsprechenden Abbaumechanismen drin haben.
Trotzdem gilt natürlich: Nur weil ein Polymer abbaubar ist, darf man nicht verantwortungslos mit umgehen. Wenn wir von "abbaubaren Plastiktüten" sprechen, signalisieren wir der Gesellschaft ja, dass man diese einfach im Wald entsorgen kann. Das ist natürlich nicht so! Wir verlieren dadurch den Rohstoff, das Material und die ganze Arbeit, die in dieses Produkt gesteckt wurden.