Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die vollständigen Wertschöpfungsketten der vierzehn häufigsten Kunststoffarten, darunter Polyethylen, Polypropylen und Polyvinylchlorid, angeschaut. Diese vierzehn Massenkunststoffe machen 90 Prozent der weltweit hergestellten Plastikprodukte aus. Dabei haben die Forscherinnen und Forscher erstmals untersucht, ob sich die Planetaren Grenzen einhalten lassen. Die Planetaren Grenzen sind ein Mass für die umfassende Nachhaltigkeit von Prozessen. Sie gehen über die Energie- und Klimaproblematik hinaus und beinhalten beispielsweise auch Auswirkungen auf Land- und Wasserressourcen, die Ökosysteme und die Biodiversität. Kurz gesagt: Prozesse, welche die Planetaren Grenzen einhalten, können langfristig aufrechterhalten werden, ohne dabei Raubbau am Planeten Erde zu betreiben.
Das Ergebnis der Studie: Kunststoffkreisläufe innerhalb der Planetaren Grenzen wären möglich. Dazu müsste mindestens 74 Prozent des Plastiks wiederverwertet werden. Zum Vergleich: Heute wird in Europa je nach Schätzung nur rund 15 Prozent rezykliert, in anderen Weltregionen dürfte die Quote weit geringer sein. Ausserdem müssten laut der Studie die Recyclingprozesse verbessert werden. Konkret müsste das Kunststoffrecycling so effizient werden, wie andere chemische Prozesse es heute schon sind. So lassen sich auch heute nicht alle Kunststoffe wiederverwerten. Bei den als Schaumstoffen benutzten Polyurethanen beispielsweise muss das Recycling erst noch etabliert werden – eine Frage, mit der sich ETH-Professor Bardow ebenfalls beschäftigt.
Für die restlichen maximal 26 Prozent der Kunststoffe könnte der für die Herstellung benötigte Kohlenstoff laut der Studie aus zwei weiteren Technologien stammen: einerseits aus der CO2-Absscheidung von Verbrennungsprozessen oder aus der Atmosphäre (CCU, für englisch: Carbon Capture and Utilisation) und andererseits aus Biomasse. "Alleine mit Recycling geht es nicht, wir brauchen alle drei Pfeiler", sagt Bardow."Die Recyclingquote weltweit auf 74 Prozent zu erhöhen, ist ein sehr ambitioniertes Ziel", gibt ETH-Professor Bardow zu bedenken. Es bis ins Jahr 2030 zu erreichen, dürfte daher nicht realistisch sein, bis 2050 schon eher. Eine weitere Herausforderung ist allerdings, dass derzeit Jahr für Jahr mehr Kunststoffprodukte hergestellt werden. Setzt sich der aktuelle Trend bis 2050 fort, reicht es nicht, die Recyclingprozesse zu verbessern. Die Planetaren Grenzen würden 2050 dennoch überschritten.
Die Studienautorinnen und Studienautoren schlagen daher vor, auch bei der Nachfrage anzusetzen und dem Kunststoff einen anderen Wert beizumessen. "Plastik gilt als billig, was lange ein Segen war und nun zum Fluch geworden ist", sagt Bardow. "Angesichts seiner hervorragenden Eigenschaften sollten wir Kunststoff als den hochwertigen Werkstoff betrachten, der er tatsächlich ist. Somit darf er auch etwas kosten, und sein Recycling auch."