Weltfrauentag: Frauen in der Kunststoffgeschichte

Am 8. März ist Weltfrauentag – der perfekte Anlass, die Rolle von Frauen in der Geschichte der Kunststoffe zu beleuchten. Obwohl die Kunststoffindustrie lange Zeit von Männern dominiert wurde, haben Frauen bedeutende Beiträge zur Materialforschung, Produktentwicklung und Anwendung von Kunststoffen geleistet.

Von wegweisenden Erfindungen wie der ersten Einhand-Spritze bis hin zu innovativen Entwicklungen in der Medizintechnik, Luftfahrt und Schutzkleidung – Frauen haben in der Kunststoffgeschichte nachhaltige Spuren hinterlassen. Doch ihre Leistungen sind oft weniger bekannt als die ihrer männlichen Kollegen. Dabei lohnt sich ein Blick auf einige der herausragenden Pionierinnen und ihre Errungenschaften sowie auch die Herausforderungen, denen Frauen in der Branche gegenüberstehen.

Die deutsche Erfinderin Katharina Paulus (1868–1935) entwickelt 1890 den ersten zusammenlegbaren Fallschirm, der Kunststoffbestandteile enthält. Ihre Arbeit verbessert die Handhabung von Fallschirmen erheblich und trägt zur Sicherheit in der Luftfahrt bei. Paulus' Erfindung wird bis heute in modernen Fallschirmen weiterentwickelt und ist eine entscheidende Innovation für die Luft- und Raumfahrtindustrie.

Die US-amerikanische Medizinerin Letitia Mumford Geer (1852–1935) erfindet 1899 die erste Einhand-Spritze, ein Vorläufer moderner Kunststoffspritzen. Ihre Entwicklung vereinfacht medizinische Behandlungen und ist bis heute ein unverzichtbares Instrument in der Medizin. Sie konzentriert sich auf ein ergonomisches Design, das eine einfache Handhabung ermöglicht. Ihre Arbeit legt den Grundstein für die späteren Kunststoffspritzen, die heute weltweit im Einsatz sind.

Die US-amerikanische Erfinderin Mary Anderson (1866–1953) erfindet 1903 den ersten funktionierenden Scheibenwischer. Während einer Fahrt durch New York beobachtet sie, wie Straßenbahnfahrer die Fenster manuell reinigen müssen. Ihre Idee, ein Wischsystem von innen zu bedienen, führt zu ihrer bahnbrechenden Erfindung. Heute ist der Scheibenwischer ein selbstverständlicher Bestandteil jedes Fahrzeugs und hat die Fahrsicherheit erheblich verbessert.

Die US-amerikanische Physikerin Katharine Burr Blodgett (1898–1979) entwickelt 1938 das erste nicht reflektierende Glas. Sie arbeitet gemeinsam mit Irving Langmuir an Oberflächenfilmen und perfektioniert eine Beschichtung, die Reflexionen auf Glas eliminiert. Ihre Forschung findet auch Anwendung in der Kunststoffindustrie, insbesondere bei optischen Geräten wie Kameralinsen, Brillen und Bildschirmen. Blodgett wird damit zur Pionierin der modernen Optik.

Die kanadische Ingenieurin Elsie MacGill (1905–1980), die erste Frau mit einem Abschluss in Luftfahrtingenieurwesen, spielt eine wichtige Rolle bei der Integration neuer Materialien, darunter Kunststoffe, in den Flugzeugbau. Während des Zweiten Weltkriegs leitet sie die Produktion der Hawker Hurricane-Kampfflugzeuge und trägt dazu bei, leichtere und widerstandsfähigere Flugzeuge zu entwickeln. Ihr Spitzname "Queen of the Hurricanes" zeigt ihre Bedeutung in der Luftfahrtgeschichte.

Die afroamerikanische Erfinderin Bessie Blount Griffin (1914–2009) entwickelt in den 1950er-Jahren eine Vorrichtung zur automatisierten Nahrungsaufnahme für Kriegsversehrte. Ihre Erfindung nutzt Kunststoffrohre und ein Ventilsystem, das es Patienten ermöglicht, durch Bissbewegungen Nahrung aufzunehmen. Ihr Gerät findet großen Anklang in Krankenhäusern. Später engagiert sie sich in der forensischen Wissenschaft und wird als erste afroamerikanische Frau zur Ausbildung bei Scotland Yard eingeladen.

Die polnisch-amerikanische Chemikerin Stephanie Kwolek (1923–2014) revolutioniert die Materialwissenschaft mit ihrer Erfindung von Kevlar im Jahr 1965. Ursprünglich mit der Absicht, Medizin zu studieren, beginnt sie nach ihrem Abschluss 1946 als Chemikerin bei DuPont zu arbeiten. Dort entdeckt sie die außergewöhnlichen Eigenschaften von Poly(p-benzamid) und Poly(p-phenylene terephthalamide), die 1971 unter dem Markennamen Kevlar kommerzialisiert werden. Kevlar wird heute in über 200 Anwendungen genutzt, darunter kugelsichere Westen, Reifen und Feuerwehrausrüstungen. Kwolek öffnet mit ihrer Entdeckung die Tür für weitere Fortschritte in der Polymerforschung und bleibt eine Inspiration für zukünftige Generationen.

Trotz der beeindruckenden Errungenschaften von Frauen in der Kunststoffgeschichte bleibt die Branche bis heute männerdominiert. Frauen sind in technischen Berufen und Führungspositionen unterrepräsentiert. Einige der Herausforderungen umfassen:

• Mangelnde Sichtbarkeit: Viele weibliche Erfinderinnen und Wissenschaftlerinnen werden in Geschichtsbüchern und technischen Berichten kaum erwähnt.
• Geringere Förderung: Frauen erhalten seltener Forschungsstipendien oder Unternehmensbudgets für innovative Entwicklungen.
• Wenig weibliche Vorbilder: Der Mangel an Frauen in Führungspositionen erschwert es dem Nachwuchs, sich mit erfolgreichen Karrierewegen zu identifizieren.

Um mehr Frauen für die Kunststoffbranche zu gewinnen, sind gezielte Maßnahmen erforderlich. Programme zur Nachwuchsförderung in MINT-Fächern sollten verstärkt auf Mädchen ausgerichtet werden, während Mentoring-Programme und Netzwerke für Frauen in der Kunststoff- und Chemieindustrie wichtige Unterstützung bieten. Unternehmen und Hochschulen müssen die Leistungen von Frauen sichtbarer machen und diversitätsfreundliche Strukturen schaffen.

Die Geschichte der Kunststoffe ist auch eine Geschichte von Frauen, die mit ihren Innovationen nachhaltige Spuren hinterlassen haben. Von Letitia Mumford Geer über Katharine Burr Blodgett bis hin zu Stephanie Kwolek haben weibliche Pioniere dazu beigetragen, die Materialwissenschaft voranzutreiben und unser modernes Leben zu prägen. Um die Zukunft der Kunststoffbranche inklusiver und innovativer zu gestalten, ist es entscheidend, Frauen gezielt zu fördern und ihre Leistungen anzuerkennen.

Der Weltfrauentag erinnert uns daran, dass Fortschritt nur dann nachhaltig ist, wenn alle Geschlechter gleichermaßen daran teilhaben. Frauen haben die Kunststoffindustrie geprägt und werden dies auch in Zukunft tun.