Das Verfahren ist insgesamt auch nachhaltiger. Inwiefern?
Hardow: Der Prozess findet bei einer niedrigeren Temperatur von unter 400°C statt. So ist die Verkokung ausgeschlossen und es bilden sich keine giftigen Pyrolysegase. Die niedrige Temperatur, die Einstufigkeit des Verfahrens und die Einbringung der Energie über Friktion direkt ins Material ermöglichen die Stoffumwandlung bei relativ geringem Energieeinsatz.
Das chemische Recycling liefert außerdem immer wieder die gleiche, hochwertige Ausgangsqualität– im Gegensatz zum mechanischen Recycling. Beim mechanischen Recycling besteht oftmals die Herausforderung darin, auch langfristig dasselbe Qualitätsniveau zu erreichen, da Schwankungen in der Zusammensetzung des Infeed-Materials nicht immer ausgeschlossen werden können.
Wie sieht es mit der Qualität des neuen Sekundär-Rohstoffs aus, der unter dem Namen CLR, also Circular Liquid Ressource, vermarktet wird?
Hardow: Die Flüssigressource ähnelt in vielen wesentlichen Eigenschaften fossilem Erdöl bzw. den daraus gewonnenen Produkten. Sie kann daher als vollwertiges Substitut fossiler Ressourcen in bestehenden Anlagen der Raffinerien/Petrochemie verarbeitet werden, ist mit fossilen Ölen mischbar und ebenso wie diese lagerfähig. Genau genommen halten wir die Universalressource Kohlenwasserstoff im Kreislauf. Dies ist ein extrem wichtiger Aspekt – und eine völlig neue Dimension in puncto Kreislaufwirtschaft.
Insbesondere mechanisches Recycling gewinnt immer stärker an Bedeutung. Wie bewerten Sie diesen Umstand in Anbetracht der aktuellen Situation?
Hardow: Das werkstoffliche Recycling ist ein wichtiger Baustein der Kreislaufwirtschaft, keine Frage. Doch um Kreisläufe insbesondere im Bereich der Lebensmittelverpackung zu schließen, brauchen wir einen echten Technologie-Mix. Denn das mechanische Recycling stößt wie bereits geschildert an seine Grenzen: Die Qualität der Materialien und auch die Einsatzmöglichkeiten der so gewonnenen Wertstoffe reduzieren sich stetig – Downcycling ist eben nicht beliebig wiederholbar. Zudem ist der Spielraum für den Einsatz von mechanisch gewonnenen Rezyklaten in unserer Industrie noch sehr gering – und im Bereich der Lebensmittelverpackung derzeit nur für PET-Flakes zugelassen.
Abgesehen davon steht der Verpackungsindustrie nicht ausreichend Volumen an Rezyklaten zur Verfügung, um die geplanten gesetzlichen Vorgaben der PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) zu erfüllen, sofern man sich ausschließlich auf das mechanische Recycling konzentriert. Mit der bestehenden Infrastruktur können wir definitiv auch in absehbarer Zeit nicht ausreichende Mengen an Kunststoffen recyceln. Dies ist auch ein zentrales Argument, das wir im Zusammenhang mit der Einführung der Verordnung aktuell mit Marktpartnern, Verbänden und politischen Vertretern diskutieren und wo wir unter anderem erheblichen Optimierungsbedarf sehen. Denn es reicht nicht, ein sinnvolles Gesetz zu verabschieden – Voraussetzungen für Investitionen und Kapazitätserweiterungen müssen geschaffen, Begrifflichkeiten definiert, Rahmenbedingungen geklärt und Ziele erreichbar sein. Hier gibt es aus Sicht von SÜDPACK noch viel zu tun.